- Sativex ist ein cannabinoidhaltiges Medikament, das von GW Pharmaceuticals entwickelt wurde, als sublingual anzuwendendes Spray erhältlich ist und THC und CBD im Verhältnis 1:1 enthält.
- Vom Hersteller wird es als Behandlung gegen die spastischen Krämpfe angeboten, die durch Multiple Sklerose verursacht werden, eine unheilbare neurodegenerative Erkrankung des Zentralnervensystems.
- Momentan ist Sativex in 29 Ländern weltweit registriert – ein echter Erfolg, denn da es selbst in Ländern wie dem UK oder Spanien verschrieben wird, wo Medizinalhanf nach wie vor illegal ist, ist es ein echter Vorreiter unter den Cannabis-Medikamenten!
Was ist Sativex, und wofür wird es verwendet?
Sativex ist der Handelsname von Nabiximols, einem standardisierten, klinisch geprüften Medikament auf Cannabinoid-Basis, das aus Cannabis sativa L.-Pflanzen hergestellt wird. Bei letzteren handelt es sich dabei um eine Spezialzüchtung, die zwei verschiedene Chemotypen bildet, deren Cannabinoidgehalt entweder als Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) oder ober als Cannabidiol (CBD) ausgeprägt wird. Ein 100 ml-Spray enthält 2,7 mg THC und 2,5 mg CBD sowie 0,04 g Alkohol.
Sativex moduliert das körpereigene Endocannabinoid-System, das eine wichtige Rolle bei der Signalübermittlung im zentralen Nervensystem spielt. Bei Krankheiten wie Multipler Sklerose kann die Aktivität des Endocannabinoid-Systems beeinträchtigt werden, was zu Spastik und anderen Begleitsymptomen führt. Mit Cannabis-Wirkstoffen wie THC oder CBD können die Wirkung des Endocannabinoid-Systems imitiert und die spastischen Krämpfe bei Multipler Sklerose gelindert werden.
Bislang wurden in klinischen Studien über 1500 Patienten mit Sativex behandelt. Hinzu kommen 3500 Patienten aus Beobachtungsstudien in den USA sowie über 50 000 weitere Patienten weltweit, die das Medikament verschrieben bekommen haben und bereits nutzen.
Ein kurzer Ausflug in die Geschichte von Sativex
Sativex ist ein standardisiertes Medikament, das immer die gleiche Menge an Cannabinoiden freisetzt.
Seine Geschichte beginnt mit der Union der umfassenden Cannabispflanzen-Sammlungen von Robert Connell Clarke und David Watson (aka Sam „The Skunkman"), einer legendären Figur, der die Cannabis-Welt einige ihrer bekanntesten Genetiken (z. B. Northern Ligths oder Skunk) verdankt.
Ende der 90er gesellt sich der Arzt Dr. Geoffrey Guy zu ihnen hinzu, der sich mit palliativen Medikamenten auf Opioidbasis beschäftigt hat, bevor er sich für Cannabinoide zu interessieren beginnt. Sein Vertrauen in das bislang ungenutzte therapeutische Potenzial der Cannabinoide ist so groß, dass er 1998 die britische Firma GW Pharmaceuticals gründet und bereits rund 10 Millionen Euro in das Projekt investiert hat, als er 1999 die Erlaubnis bekommt, in Großbritannien mit den klinischen Tests für Sativex zu beginnen.
Zu diesem Zeitpunkt sind in Südengland längst riesige, über 6 Hektar große Anlagen in Betrieb gegangen, in denen in hochmodernen High Tech-Gewächshäusern mit dem Pflanzenmaterial experimentiert wird, aus dem die Cannabinoide für Sativex extrahiert werden sollen.
Sativex heute
Sativex wird heute über einige der wichtigsten Pharma-Konzerne in den meisten Ländern der Welt vertrieben. Das standardisierte, international absetzbare Medikament, das Cannabinoide natürlichen Ursprungs zur Behandlung verschiedener Krankheiten einsetzt, spielt den Entwicklern und Händlern hohe Gewinne ein.
GW Pharmaceuticals ist also keineswegs der einzige Name hinter der komplexen Vertriebslogistik des Medikaments. Unter anderem ist Sativex bereits seit 2005 in Kanada sowie in 29 anderen Ländern erhältlich, darunter auch in Spanien. Hier liegen die Vertriebsrechte – wie auch für den Rest Europas außer dem UK – beim Pharmakonzern Almirall. Nachdem die Absatzrate im letzten Jahr 30 % gestiegen ist, spielt Sativex der katalanischen Firma bereits jetzt mehr Gewinn ein als ihr berühmtestes Medikament, das Antazidum Almax.
Sativex spielt dem Pharmakonzern Almirall mittlerweile mehr Gewinn ein als dessen berühmtestes Medikament, das Antazidum Almax.
Obwohl Sativex hauptsächlich CBD und THC enthält, ist es sehr teuer. Eine Packung des Medikaments enthält drei 10 ml-Fläschchen, und in Spanien beispielsweise liegt der Preis pro Packung bei fast 400 €. In Norwegen wiederum kostet dieselbe Menge 500 €, in Deutschland 597 €, in Dänemark 648 € und in Italien sogar 726 €. Momentan verhandelt Almirall mit der französischen Regierung darüber, Sativex auch im Hexagone vertreiben zu dürfen. Uneinigkeiten über den Preis – Frankreich will die Droge über das staatliche Gesundheitssystem finanzieren – haben die Verhandlungen jedoch zum Stillstand gebracht.
Positive Effekte und Wirkungsweise von Sativex
Bei einer 2007 durchgeführten Studie war bei 40 % der an Multipler Sklerose erkrankten Teilnehmer, die Sativex eingenommen hatten, ein deutlicher Rückgang der Muskelspastizität zu beobachten. Das bedeutet allerdings nicht, dass man gleich in allen Fällen zu dem Medikament greift. Experten empfehlen, es mit anderen Behandlungen zu kombinieren und nur dann zu verschreiben, wenn konventionelle Methoden keine Wirkung gezeigt haben.
Sativex wurde in vielen internationalen klinischen Studien mit untersucht, die das medizinische Potenzial von Cannabis erforschen. Es wurden randomisierte, Doppelblind- und Placebo-kontrollierte Studien durchgeführt, die konstant bewiesen, dass die spasmolytischen Eigenschaften von CBD und THC Multiple Sklerose-Patienten helfen können. In manchen Fällen wird Sativex zudem auch zur Behandlung von Gangliennekrose eingesetzt, einer seltenen Muskelerkrankung.
In Kanada wird Sativa auch als schmerzlinderndes Medikament bei Krebs eingesetzt, obwohl Studien aus den USA nicht zu dem Ergebnis kamen, dass das Arzneimittel die durch Krebs und Chemotherapie verursachten Schmerzen ausreichend lindert. Ein anderes Produkt von GW Pharmaceuticals hingegen, Epidiolex, mit dem seltene, schwere Epilepsieformen wie das Lennox-Gastaut- und das Dravet-Syndrom behandelt werden, ist seit Ende letzten Jahres das erste Medikament auf Cannabis-Basis, das von der amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde (FDA) zugelassen wurde.
Angesichts seines 1:1-Verhältnisses von CBD und THC hat Sativex z. T. eine gemäßigte psychoaktive Wirkung auf Patienten, die nicht an Cannabis gewöhnt sind. Bei Studien, die die Sativex-Nutzung der Teilnehmer ein Jahr lang dokumentierten, wurden jedoch keine Hinweise darauf gefunden, dass die regelmäßige Einnahme zu einer erhöhten Toleranz führt.
GW Pharmaceuticals zufolge könnte Sativex in Zukunft auch als Medikament gegen andere Krankheiten wie Zerebralparese, Schizophrenie und Epilepsie eingesetzt werden. In den nächsten Jahren wird es also sicherlich noch viel mehr klinische Studien über Sativex und andere Medikamente der Firma geben.
Sativex vs. Cannabis
Sativex ist zwar ein natürliches Extrakt mit natürlichen Cannabinoiden und Terpenen, trotzdem aber etwas ganz anderes als die Tinkturen oder Cannabis-Öle, die man beispielsweise in den amerikanischen dispensaries kaufen kann. Als standardisiertes Medikament setzt es bei jeder Einnahme die gleiche Menge an Cannabinoiden frei – eine Präzision, die man mit den klassischen Cannabis-Tinkturen niemals erreichen wird.
Wenn ein Patient Cannabis-Blüten oder -Extrakte nutzt, gibt es zwischen den einzelnen Pflanzen immer kleine Schwankungen in der Phytocannabinnoid-, Terpen- und Phytochemikalien-Konzentration. Manche sprechen nicht gut auf diese Variationen an und fühlen sich mit standardisierten Medikamenten wie Sativex wohler.
Angesichts des hohen Preises von Sativex gibt es aber immer noch sehr viele Patienten, die zu Cannabis-Blüten oder -Ölen mit variierendem CBD- und THC-Gehalt greifen. Solche Vollspektrum-Produkte haben dabei einen Vorteil: Der sogenannte Entourage-Effekt kommt bei ihnen noch stärker zur Geltung als bei Sativex. Wie gesagt kann man die Dosierung mit Sativex aber natürlich trotzdem sehr viel besser kontrollieren als wenn man beispielsweise einen Joint raucht.
Nabiximols ist nicht völlig frei Nebenwirkungen; es kann beispielsweise Schwindel, Durchfall, Ermüdung, Benommenheit, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen. Die meisten Patienten vertragen es jedoch gut und finden die Nebenwirkungen viel leichter als die einiger anderer, konventioneller Medikamente.
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