- Schon seit einiger Zeit findet man auf den Internetseiten der Cannabiswelt immer wieder einen neuen Begriff, der häufig als Synonym für „Sorte“ verwendet wird: Kultivar.
- Handelt es sich dabei um einen Neologismus oder gibt es Unterschiede zwischen den beiden Bezeichnungen?
- In diesem Artikel fühlen wir den beiden Begriffen auf den Zahn.
Beim Surfen auf verschiedensten Cannabisseiten ist euch sicherlich ein Begriff aufgefallen, der in den letzten Jahren immer häufiger auftaucht und scheinbar eine neue Bezeichnung für das ist, was früher als „Sorte" bezeichnet wurde: „Kultivar" oder „Cultivar".
Was aber verbirgt sich tatsächlich hinter diesem Begriff? Handelt es sich um eine neue Bezeichnung, die sich auf die Eigenschaften einer Pflanze in gartenbaulicher oder botanischer Sicht bezieht? Oder handelt es sich einfach um einen Neologismus?
Da wir zunehmend bemerken, wie Begriffe wie „Sativa" oder „Indica", die bislang zur Klassifizierung verschiedener Cannabis-Arten verwendet wurden, ihren Sinn verlieren, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass diese beiden Begriffe ursprünglich zur Unterscheidung der Pflanzen anhand ihrer strukturellen Entwicklung (Form und Größe der Blätter, Größe der Pflanze, Internodien usw.) dienten.
Durch die massive Legalisierungswelle aus den USA, die zunehmend auch zu uns herüber schwappt, hat sich in der Cannabiswelt vieles verändert, und die Begriffe werden zunehmend im Zusammenhang mit einer bestimmten Art von Wirkung verwendet, d. h. als Effekt-Kategorie. Die ursprüngliche Bedeutung der Begriffe hat sich also nach und nach gewandelt, verformt, fortentwickelt…
Könnte hinter dem Begriff „Kultivar" vielleicht eine ganz ähnliche Geschichte stecken?
Was ist ein Cannabis-Kultivar?
„Kultivar" ist die Abkürzung von cultivated variety („angebauter Sorte"). Es handelt sich dabei um eine Kulturpflanzenkategorie, keine taxonomische Kategorie, wie man zunächst vielleicht denken könnte.
Sie wird zur Beschreibung einer Pflanze genutzt, die vom Menschen selektiert, modifiziert und verbessert wurde, eine Hybride, die gezielt erzeugt wurde oder zufällig, d. h. in einem natürlichen Umfeld oder in einer Umgebung, die die Bedingungen von ersterem identisch nachbildet, angebaut oder selektioniert wurde.
Für die Benennung als eigenen Kultivar müssen genügend Alleinstellungsmerkmale vorliegen. Es muss gezeigt werden, dass die Eigenschaften der neuen Pflanze oder Hybride sich tatsächlich von der Ausgangspflanze oder -hybride unterscheiden und durch einen echten Selektionsprozess entstanden sind.
In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass die Vervielfältigung mittels Stecklingen die Herstellung genetisch identischer Repliken ermöglicht, die exakt dieselben Charakteristika aufweisen.
Um hochwertige Cannabissamen von einem Kultivar zu erhalten, sind Rückkreuzungen über mehrere Generationen hinweg (Breeding) vonnöten, damit die Eigenschaften, die den Kultivar ausmachen, sicher „fixiert" sind, d. h. die Samen-Version stabil und lebensfähig ist.
Es gibt sogar eine eigens für die Registrierung von Kultivaren eingerichtete Behörde, die International Cultivar Registration Authority. Das Verfahren ist jedoch völlig freiweillig; die Charakterisierung der Pflanze hat nichts irgendwelchen Urheberrechten zu tun.
Die Aufgabe der Behörde ist lediglich, zu überprüfen, dass die Kultivare, die offiziell registriert werden sollen, auch tatsächlich die genannten Alleinstellungsmerkmale besitzen. Um rechtliche Ansprüche geltend machen zu können, sind hingegen komplexere administrative Verfahren nötig, die häufig über Forschungsprogramme laufen, welche teilweise gemeinsam mit offiziellen Behörden durchgeführt werden.
Was ist eine Cannabissorte?
Wir werden euch erst einmal erklären, was die Sorte einer Pflanze aus botanischer Sicht ist, und inwiefern sie sich von einem Stamm, einer Unterart und einer Landrasse unterscheidet.
Sorte
Die Pflanzensorte ist in der Botanik eine der Art untergeordnete taxonomische Zwischenstufe. Der Begriff wird verwendet, wenn die Exemplare einer gleichen Art sich in einer vergleichbaren Umgebung aus genetischen Gründen unterschiedlich entwickeln und nachweisbar wirklich unterscheidbare, charakteristische, völlig natürliche Variationen aufweisen.
Im Gegensatz zum Kultivar ist die Sorte also von Natur aus „anders", ohne dass der Mensch irgendwie eingegriffen hätte. Leider werden beide Begriffe mittlerweile häufig synonym verwendet, obwohl sie, wie ihr seht, durchaus etwas anderes bedeuten.
Stamm
Auch der Stamm ist nicht mit der Sorte zu verwechseln. Der Begriff wird vor allem in der Mikrobiologie oder Virologie verwendet, um eine Variante bzw. eine genetische Unterart innerhalb einer Art von Mikroorganismen zu bezeichnen.
In der Botanik hingegen ist diese Terminologie weniger gebräuchlich. Bisweilen verwendet man sie im Zusammenhang mit Zucht, häufiger noch bei genetischen Modifikationen. Wenn die Gene einer Pflanze verändert wurden, ist der Begriff angebracht.
Unterart
Bei der Unterart handelt es sich, wie der Name nahelegt, um einen der Art untergeordneten taxonomischen Rang. Unterarten sind in dem Verbreitungsgebiet der Art grundsätzlich von den anderen Exemplaren der Art isoliert.
Eine Kreuzung mit letzteren ist genetisch möglich, von Natur aus aber aufgrund der Isolation nicht gegeben, sodass die Unterart unterschiedliche Charakteristika aufweisen können als die anderen Exemplare der Art.
Landrasse
Hinter diesem Begriff verbirgt sich kein taxonomischer Rang. Er bezeichnet eine Population von domestizierten und an ein bestimmtes lokales Habitat angepassten Exemplaren. Eine Landrasse ist gewissermaßen eine Mischung zwischen Sorte und Kultivar, da sie durch die menschliche Selektion und ihre natürliche Umgebung gleichermaßen beeinflusst ist.
Der große Vorteil an ihrem endemischen Vorkommen ist, dass es sich um sehr stabile Sorten mit sehr homogener Produktion handelt, da sie sich über zahlreiche Generationen hinweg an ihre Umgebung anpassen konnten. Zudem ist ihr Abwehrsystem auf Krankheitserreger und Schädlinge programmiert, die in ihrem natürlichen Umfeld vorkommen, und gegen diese sehr resistent.
Die Landrassen sind sehr interessant für die Stabilisierung von komplexen Polyhybriden oder die Verbesserung bestimmter Charakteristiken bei Hybriden, die Defizite in Bezug auf die Qualität, die Immunität oder die Produktivität aufweisen. Aufgrund der Globalisierung und der massiven Stadtflucht gehören sie jedoch leider zunehmend der Vergangenheit an.
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