- Die Leiterin des Zentrums für Süchte und psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Sant Joan und ebenso Leiterin des Drogenaktionsplans Reus, Tré Borras, nahm kürzlich am I.
- Kongress für medizinisches Cannabis Cannabmed teil. Dort wurde unter anderem über die Möglichkeiten debattiert, Cannabisderivate zur Bekämpfung von anderen Suchtmittelabhängigkeiten anzuwenden und so Risiken bei der Behandlung von Süchten mit bestimmten Substanzen zu reduzieren.
- Dinafem hat mit der Sozialpädagogin und Psychiaterin gesprochen; unter anderem hat sie ausgesagt, dass “wir unseren Horizont erweitern und Präparate aus Cannabisderivaten entwickeln sollten, ähnlich wie andere Medikamente”, um die schädlichen Nebenwirkungen in Fällen von Abhängigkeiten von bestimmten Medikamenten zu lindern.
Auf der Cannabmed haben Sie an einer Podiumsdiskussion zum Thema "Das Potenzial von Cannabis bei der Behandlung von Drogenmissbrauch und Risikominderung" teilgenommen.
Über welches Potenzial verfügt Cannabis bei der Behandlung anderer Süchte?
Man könnte auf diese Weise dem Cannabis eine therapeutische Verwendung zuschreiben: Man könnte mit Cannabis ein Mittel, das Suchtabhängigkeit erzeugt, durch ein anderes Mittel ersetzen, das geringere Risiken birgt, als das erste Mittel, welches das Suchtproblem auslöst.
Es scheint, als ob sich neue Wege eröffnen. Es gibt neuerdings Perspektiven, die die therapeutische Anwendung von Cannabis als Ersatzstoff in der Behandlung von Abhängigkeiten anderer Suchtmittel einordnen. Dazu gibt es Versuche bei Behandlungen, um Alkoholsucht zu lindern und diese waren positiv. Man könnte auf diese Weise dem Cannabis eine therapeutische Verwendung zuschreiben: Man könnte mit Cannabis ein Mittel, das Suchtabhängigkeit erzeugt, durch ein anderes Mittel ersetzen, das geringere Risiken birgt, als das erste Mittel, welches das Suchtproblem auslöst. Im theoretischen Rahmen der Schadens- und Risikominderung darf man nicht vergessen, dass pharmazeutische Heilmittel nicht ohne Nebenwirkungen sind, deswegen beurteilen wir Risiken und Nutzen, um eine bestimmte Behandlung vorzuschlagen. Und ich denke, dass man das bei Cannabis auch so machen sollte: Analyse von Risiko und Nutzen der Substanz vor Einsatz der Behandlungen. Wir sollten unseren Horizont erweitern und Präparate aus Cannabisderivaten entwickeln, ähnlich wie andere Medikamente. Es kann sein, dass das in Zukunft in der Behandlung von Süchten gute Resultate erzielen kann.
Laufe der Patient nicht Gefahr, dass das Cannabis eine neue Sucht auslösen würde?
Dafür müssten wir die Bezogenheit bewerten, die zwischen der Person und der Substanz entsteht. In diesem Verhältnis sind Aspekte wie die Erfahrungen, die Situationen, der Kontext oder der Zeitpunkt, in dem die Interaktion Mensch - Substanz erfolgt, relevant. Was wir bereits wissen, ist, dass Cannabisderivate keine physiologische Abhängigkeit auslösen. Viel mehr entsteht eine psychische Abhängigkeit und die hat mit vielen individuellen und Gruppenfaktoren zu tun, die noch untersucht werden sollten.
Haben Sie Erfahrung mit dieser Art von Behandlungen bei Patienten?
Meine Erfahrung auf diesem Gebiet ist fast null. Was ich bereits gemacht habe, sind Beratungen für Personen, die Drogen missbrauchen oder die im Krankheitsbild die Abhängigkeit zu einem Suchtmittel aufweisen, und außerdem Cannabis konsumieren. Mein Ziel war es bisher, den risikoreichen Konsum neu zu ordnen und einzuschränken sowie auf die risikoärmere Abhängigkeit umzuwichten, um so die Entzugserscheinungen zu lindern. Im Fall von Alkohol zum Beispiel muss man beachten, dass der Entzug von Alkohol schwere körperliche Reaktionen hervorruft und in der Regel die Hilfe pharmakologischer Mittel erfordert. Denn, wenn der Entzug sehr schwerwiegend ist, kann Lebensgefahr bestehen.
Auf welche Weise könnte Cannabis dem Patienten in so einem Fall helfen?
Es würde angstlösende Wirkungen hervorrufen, die das durch den Entzug ausgelöste, anxiolytische Ungleichgewicht ausgleichen.
Welche Art von Cannabis wäre in diesen Fällen geeignet? Und wie sollte es zugeführt werden?
Im Einklang mit unserem Ansatz aus dem Gesundheitssektor müsste es auf weniger risikoreiche Art und Weise konsumiert werden. Das heißt: mit Vaporizern oder über kontrolliert hergestellte Präparate. Und vor allem sollten die Kombinationen der zahlreichen Cannabinoide in den einzunehmenden Cannabissorten ausreichend bekannt sein. Heutzutage verfügen wir dank der Forschungen aus Ländern, in denen Cannabis bereits zu therapeutischen Zwecken genutzt wird, über diese Information.
Welche Cannabinoide wären am besten geeignet, um die Suchtmittelabhängigkeit anderer Drogen zu lindern?
Das CBD könnte am geeignetsten gegen Anstzustände helfen. Sicherlich gibt es auch andere Inhaltsstoffe, aber ich wage es nicht, weitere zu benennen.
Hatten Sie bereits direkten Kontakt zu Patienten oder Ärzten, die in ihren Behandlungen Cannabis verwenden?
Nein. Meine Erfahrung ist eher von akademischer Natur und bezieht sich auf reale Fälle aus den Niederlanden, Uruguay, Kalifornien, Colorado oder Mexiko. Es gibt an zahlreichen Orten viele Fälle therapeutischer Behandlungen mit Cannabis. Aber leider gehört Spanien nicht zu diesen Orten.
Wie schätzen Sie die Verwendung von medizinischem Cannabis in Spanien ein? Und was wird in Zukunft auf diesem Gebiet geschehen?
Der therapeutische Nutzen von Cannabis wird immer sichtbarer. Dank des spanischen Observatoriums für medizinisches Cannabis konnte ein großer Schritt nach vorn getan werden, was zu neuen Formen in dieser aufkommenden Bewegung führt. Ich glaube, dass es mehr Initiativen gibt, die diese Anwendungen normalisieren. Auf der Cannamed konnten wir Erfahrungen von Nutzern und ihren Familien teilen, von klinischen Patienten, usw. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich die Dinge bestens entwickeln. Eine Konferenz dieser Art war schon seit Langem nicht mehr geplant worden.
Welche Maßnahmen erachten Sie als Leiterin des Drogenaktionsplans Reus für erforderlich, mit welchen Zielen und aus welchen Gründen?
Als Spezialistin für psychische Gesundheit und Süchte finde ich es wichtig, die größtmögliche Auswahl an Optionen für therapeutische Probleme zu haben. Ich glaube, dass noch mehr im Bereich der Cannabinoide geforscht werden wollte, da alles darauf hinweist, dass wir hier ein Potenzial von interessanten Antworten für diese Behandlungsformen finden können. Die Tatsache, dass der Konsum und der Bereich der Cannabisderivate geordnet und reguliert werden, erachte ich als überaus positiv. Was in den Cannabis Social Clubs oder den Plattformen wie Verantwortungsvolle Regulierung (span. Regulación Responsable) oder OECM geschieht, gibt uns die Möglichkeit zu erkunden, in welchen Gruppen und in welchen Kontexten genauere Information im Umlauf ist, um den Konsum besser zu verwalten. Zum Beispiel kann man über die Clubs direkt oder indirekt auf objektive und qualitativ hochwertige Information zugreifen oder Methoden zur eigenständigen Wissenserweiterung und sich bilden, um die Verwaltung des Konsums zu verbessern.
Glauben Sie, dass es in unserer Gesellschaft an Information über Cannabis fehlt?
Es gibt Fehlinformation, die zu Verwirrung führt. Alle Initiativen zur Aufklärung darüber erachte ich als wichtig.
Wie ist Ihre Einschätzung der ersten Auflage von Cannamed?
Cannabmed ist eine sehr interessante Initiative gewesen. Sie hat allen Teilnehmern neue Ideen und Perspektiven eröffnet, Austausch und Kontakte auf allen Ebenen gefördert. Es gab auch die Teilnahme von sehr bedeutenden Personen aus der Cannabisbranche, ebenso schätze ich die Anwesenheit von Mitarbeitern aus der Branche und Vertretern aus dem öffentlichen und parlamentarischen Dienst, die an den Schlussfolgerungen teilnahmen. Es konnten interessante Ergebnisse dank der aktiven Beteiligung erzielt werden. Die Debattengruppen sammelten Anliegen der Teilnehmer und der Konsumenten von medizinischem Marihuana. Dies stellt einen Mehrwert im Vergleich zu anderen Kongressen dar, auf denen nur Fachleute die Debatten führen. Denn die Beteiligung der Nutzer wurde sehr vorsichtig gestaltet, um Anliegen und Bedürfnisse zur Sprache zu bringen.
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