- Die Studie schätzt die laufenden Kosten für Verbrechensbekämpfung des französischen Staates auf 568 Millionen Euro. Darüber hinaus werden verschiedene mögliche Szenarien der Legalisierung und der geplanten Entkriminalisierung analysiert. Nach Angaben der Autoren sei das vorteilhafteste Szenario das der Legalisierung von Cannabis sowie die Organisierung eines staatlichen Monopols, der nach ihren Schätzungen dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen jährlich 2 Milliarden Euro einbringen könnte.
Zu Beginn der Studie werden einige Kosten der Verbrechensbekämpfungspolitik aufgestellt. Die aufgelisteten Posten sind aussagekräftig: Von 60.000 Gefängnisinsassen verbüßen 7000 eine Haftstrafe wegen Drogenhandels, die große Mehrheit von ihnen wegen Besitz oder Handel mit Cannabis. Allein die Kosten für Verhaftungen würden der Studie zufolge 300 Millionen Euro betragen. Berücksichtigt werden sollten auch die Opportunitätskosten, die aufgrund der Nichtergreifung geeigneter Politiken für das Gesundheitswesen entstehen.
Auch wenn erhebliche Haushaltsmittel in die Verbrechensbekämpfung investiert worden sind, werden die Ergebnisse im Vergleich zur Situation in Nachbarländern, in denen sich liberale Politiken durchgesetzt haben, nur als mittelmäßig bewertet. Gemäß des Rechtsarsenals auf Grundlage des Gesetzes von 1970, welches nach wie vor hart durchgesetzt wird, ist eine große Mobilisierung von Polizeikräften und Gendarmerie sowie Justizbeamten darin vorgesehen. Im Jahr 2010 wurden 122.000 Verhaftungen und 46.000 vorläufigen Festnahmen vollzogen. Ebenso gab es 2013 wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz 57.000 Verurteilungen. 90% aller Drogendelikte waren im Zusammenhang mit Cannabis registriert. Die für die Umsetzung des Verbots eingesetzten Mittel sind unverhältnismäßig und grenzen oft an Verfolgung. Der Druck auf die Konsumenten von Marihuana hat sich in den letzten Jahren verhärtet, obwohl man aufgrund des Phänomens der Verharmlosung vom Gegenteil ausgehen könnte. 10% der vorläufigen Festnahmen in Frankreich stehen in Verbindung mit Privatkonsum und die Verurteilungen dieser Vergehen führen heute verstärkter als bisher zur Erfassung als Vorstrafe oder sogar Haftstrafen.
Doch trotz aller Bekämpfungs- und Unterdrückungsbemühungen steht Frankreich an zweiter Stelle hinter Spanien in der Prävalenzrate von Cannabis bei 15- bis 24-Jährigen. Dieser Index erfasst 550.000 regelmäßige Konsumenten und gibt an, dass 32% der Menschen zwischen 15 und 64 Jahren schon einmal Marihuana konsumiert haben. Gegenüber der übermäßigen Bekämpfung gibt es eine große Lücke im Bereich der Prävention. Das Projekt der Präsidentin der Region Île-de-France (Paris) zur Umsetzung von Nachweis- und Speicheltests in Institutionen der Region steht für die Auffassung, dass „die beste Prävention die Bekämpfung ist“.
Das Interesse der Studie besteht auch darin, international verschiedene Praktiken in Bezug auf Cannabis-Politiken hervorzuheben. Derzeit beschäftigt das Thema die überwiegende Mehrheit der OECD-Länder und steht in deren öffentlichen Debatten. Allerdings ist es wichtig, Entkriminalisierung von Legalisierung zu unterscheiden, da diese zwei völlig verschiedene Wege darstellen. Der Erstere wurde seit einiger Zeit in mehreren europäischen Ländern eingeschlagen, wie Spanien, Portugal oder den Niederlanden, Pionier auf dem Gebiet, da das Gesetz drugsbeleid bereits seit 1976 in Kraft ist. Die Straffreierklärung bedeutet, dass die Behörden in mehr oder weniger offener Form auf eine Haftstrafe des Verbrauchers verzichten. Dabei handelt es sich oft um ein zweideutiges System, welches auf der strengen Unterscheidung zwischen Drogenhandel und Privatkonsum oder Eigenanbau basiert, sowie über einen teilweise restriktiven Rechtsrahmen verfügt.
Im Jahr 2013 wurde Uruguay das erste Land der Welt, das den Verkauf und den Anbau von Cannabis legalisierte, mit der Festlegung einer theoretischen Grenze von monatlichen 40 Gramm. Die Bundesstaaten Colorado und Washington in den USA haben vor Kurzem auch das Abenteuer Legalisierung gewagt. Grundidee für die Ausführung der Legalisierung ist, dass Konsum oder Nicht-Konsum eine private Angelegenheit ist, in die sich der Staat nicht einmischen sollte.
Wenn ein regierender Volksvertreter mutig genug ist, entgegen der etablierten Meinung Entscheidungen zu treffen, können verschiedene Szenarien möglich werden. Das Erste wäre die Entkriminalisierung nach dem Beispiel verschiedener europäischer Vorgänger. Die positiven Auswirkungen auf die Staatsausgaben würden sich auf die Reduzierung der Kosten für Ordnungskräfte beschränken, die ihre Arbeitskräfte auf andere Aufgabenbereiche konzentrieren könnten, wie die Überwachung von Terroristen und radikalen Bewegungen, die Justiz und das Gefängnissystem. Der Kaufpreis wäre ein Schlüsselfaktor des genannten Szenarios. Wenn sich die Entkriminalisierung auf einen Preisrückgang überträgt, würde der bereits hohe Konsum Gefahr laufen, sich noch weiter zu erhöhen. Darüber hinaus ermöglicht die Entkriminalisierung die florierende Zunahme des illegalen Handels und bringt keine Steuereinnahmen. Dennoch würde sich auf diese Weise die Kostenreduzierung auf etwa 300 Millionen Euro belaufen.
Das zweite Szenario sieht die Legalisierung von Verkauf und Konsum des Marihuanas im Rahmen eines staatlichen Monopols mit einem höheren Verkaufspreis vor, was als doppelten Vorteil einerseits nicht zur Zunahme des Konsums sowie andererseits zur Erhöhung der Staatseinnahmen führen würde. Allerdings sollte der legale Markt dem Schwarzmarkt die Stirn bieten, der in Bezug auf Preise weiterhin attraktiver sein könnte. Die Festlegung des Verkaufspreises ist unerlässlicher Bestandteil, um diese Strategie zu steuern. Wenn der Preis zu niedrig ist, fördert es den übermäßigen Konsum; bei zu hohem Preis, den illegalen Handel. Diese Lösung hätte die Unterstützung mehrerer einflussreicher Kräfte in einem Land, in dem der merkantilistische Staat den geringstmöglichen Eingriff genießt.
Zusammenfassend wäre es möglich, Cannabis zu legalisieren und den Markt für Privatwettbewerb zu öffnen. Man braucht kein Wahrsager sein, um einen scharfen Rückgang der Preise und eine Zunahme des Konsums vorherzusehen, da die zitierte Studie von einer wichtigen Annahme ausgeht: die Anpassungsfähigkeit der Nachfrage auf Cannabis im Verhältnis zu den festgelegten Preisen. Der zu erwartende Hauptvorteil besteht im Schlag gegen den illegalen Handel. Es wird angenommen, dass derzeit mehr als 100.000 Menschen vom Einkommen durch illegalen Handel leben. Andererseits könnte eine gut betriebene Cannabis-Branche ähnliche Beschäftigungszahlen sowie Steuereinnahmen von mehreren Milliarden Euro schaffen.
Die Botschaft des Fachausschusses mit eindeutig sozialistischem Bezug ist ganz klar: In Zeiten von Budgetrestriktionen könnte die Cannabis-Branche eine starke Einnahmequelle darstellen, die nur betrieben werden muss, aber die auch für die Zukunft den Übergang zu einer intelligenteren Gesellschaft bedeuten kann, in der ein Bürger aufgrund seines Marihuana-Konsums nicht sofort als Verbrecher oder hilfebedürftiger Kranker bezeichnet wird. In Bezug auf die Marktwirtschaft jedoch bleibt Geld weiterhin entscheidendes und letztes Argument.
Hier kann die komplette Studie auf Französisch gelesen werden: http://tnova.fr/etudes/cannabis-reguler-le-marche-pour-sortir-de-l-impasse
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