- Paraguay ist der größte Marihuanaproduzent Südamerikas: Es versorgt Brasilien, Argentinien, Chile und Uruguay mit in Ziegelform gepresstem Cannabis (Brick Weed).
- Leider wird die Branche, die der Wirtschaft des von so starken sozioökonomischen Ungleichheiten geprägten Landes eigentlich viel Gutes tun könnte, von Drogenhändlern und korrupten Politikern kontrolliert.
- Dies könnte sich jedoch ändern: Paraguay hat gerade den Eigenanbau für medizinische Zwecke zugelassen. Außerdem wurden die kontrollierte industrielle Produktion von Nutzhanf reguliert und die ersten Lizenzen für die Produktion von therapeutischem Cannabis vergeben.
Niemand weiß genau, wie viele Hektar Cannabisfelder es in Paraguay gibt. Klar ist jedoch, dass dieses kleine Land Südamerikas Haupt-Marihuanaproduzent ist. Nationale Behörden und internationale Finanzinstitute sprechen von insgesamt 6000 bis 7000 Hektar. Der Anbau begann in den Sechzigerjahren und wurde ausgeweitet, um die wachsende Nachfrage Südamerikas zu decken. Mittlerweile stammen 90 % der maconha (Marihuana), die man im (riesigen!) Nachbarland Brasilien konsumiert, aus Paraguay. Vor Jahren konnte man noch nur zwei Ernten pro Jahr schaffen, heute dank der neuen Marihuanasamen bis zu drei.
Nach Einschätzungen des Nationalen Anti-Drogen-Sekretariats (SENAD) von Paraguay widmen sich momentan rund 20 000 Bauern dem Marihuanaanbau, insbesondere im Nordosten des Landes. Dort regnet es viel, was für das Wachstum der Pflanzen förderlich ist und den Zugang zu den Feldern erschwert. Man schätzt, dass 60 % der Plantagen in landwirtschaftlichen Reserven liegen und dort abgeholzt wird, um die Cannabispflanzen in den Original-Wäldern versteckt anbauen zu können. Der illegale Marihuanaanbau ist in Paraguay das tägliche Brot vieler Bauern, die in Armut leben und sich gezwungen sehen, Gras für die Drogenhändler zu produzieren und dabei ihr Leben und ihre Freiheit aufs Spiel zu setzen.
In den Verwaltungsbezirken Alto Paraná, Canindeyú, Amambay und Concepción (alle an der Grenze zu Brasilien gelegen) sowie San Pedro walten die Drogenhändler besonders frei: Sie haben Beziehungen zu lokalen Behörden (Bürgermeister, Intendanten, Abgeordneten, Polizisten, Militärangehörigen und Beamten des öffentlichen Diensts) und betreiben neben einem riesigen geheimen Geldwäsche-Netzwerk Transport-, Logistik- oder Sicherheitsfirmen.
Die Mordrate an der Grenze zwischen Paraguy und Brasilien ist erschreckend hoch – die Drogenhändler hinterlassen auf ihrem Weg ins brasilianische Staatsgebiet blutige Spuren. Auch wenn Paraguay weder über alternative Entwicklungspläne noch über Indikatoren für die bisherigen Ergebnisse seiner Anti-Drogen-Politik verfügt, so scheint doch ganz klar, dass hier etwas ziemlich schiefgelaufen ist.
Wandel in Paraguay?
Das Gesetz, das die medizinische Nutzung von Cannabis reguliert, soll die lokale Landwirtschaft revolutionieren und dem Wachstum des Drogenhandels im Land Einhalt gebieten.
Alles veränderte sich, als Ende 2015 die Bauern, die vom Cannabisanbau leben, in mehreren Regionen des Landes auf die Straße gingen, um gegen die Zerstörung ihrer Ernte durch die Polizei zu protestieren. Denn während die Drogenhändler den Verlust einiger Plantagen leicht wegstecken, verlieren die Bauern oft ihre einzige Einkommensquelle. Nach diesen Protesten sprach man sogar über die Verabschiedung eines Gesetzesentwurfs, der den Konsum von Marihuana reguliert und dessen Produktion und Vertrieb durch den Staat ermöglicht.
Erst 2018 aber sollten tatsächlich erste Schritte erfolgen. Der damalige Präsident von Paraguay, Horacio Cartes, ratifizierte das Gesetz 6.007 zur Regulierung von Medizinalhanf, in dem ein rechtlicher Rahmen für die Produktion und Nutzung von Cannabis geschaffen und ein nationales Programm für medizinische sowie wissenschaftliche Forschung über Cannabis und seine Derivate gegründet wurde.
Während das Gesetz eine lokale Herstellung von Cannabisprodukten vorsah, war der Eigenanbau nicht erlaubt – die kontrollierte und begrenzte Produktion oblag nur dem Staat. Im Juni 2018 begann Paraguay so mit dem Verkauf von importiertem Cannabisöl für medizinische Zwecke.
Angesichts der Notlage der Patienten mit refraktärer Epilepsie, die ihre Beschwerden so zu lindern hoffen, und in Ermangelung einer klaren Gesetzgebung waren aber auch die private Anwendung von Cannabisöl, der Eigenanbau und die handwerkliche Balsamherstellung Gang und Gäbe.
Am 13. September 2019 stimmte der Senat einem Gesetzesentwurf zu, der die Artikel 30 und 33 des Gesetzes über den illegalen Handel mit gefährlichen Drogen um zwei Paragraphen erweitert. Durch diese Änderung wird der Eigenanbau von Cannabis für medizinische Zwecke entkriminalisiert, sodass Personen, die (ausschließlich für den therapeutischen Gebrauch) Marihuana anbauen, strafrechtlich nicht geahndet werden können, wenn sie dies in einem vom Nationalen Anti-Drogen-Sekretariat zugelassenen Gebäude tun und eine staatliche Erlaubnis besitzen.
Rund 20 000 Bauern in Paraguay leben vom Marihuanaanbau, insbesondere im Nordosten des Landes.
Nur einige Tage, nachdem dies verkündet worden war, enthüllte die Regierung von Paraguay, dass sie auch den Prozess der Lizenzvergabe für die kontrollierte Produktion, Industrialisierung und den Vertrieb von Cannabisöl eröffnen würde, „um mehr über die medizinischen Vorteile des Stoffs herauszufinden".
Das Staatssekretariat erklärte, dass 2 % der Produkte aller lizenzierten Firmen direkt ans Gesundheitsministerium gehen werden, sodass man den Patienten mit Rezept das medizinische Cannabisöl gratis bieten kann. Dabei handelt es sich besonders um die Epilepsiekranke, die auf konventionelle Behandlungsmethoden nicht ansprechen, aber auch Patienten mit Parkinson oder chronischen Schmerzen.
Nutzhanf auf dem Vormarsch
Inmitten dieser Flut an neuen Gesetzen verkündete die Regierung am 20. Oktober auch, dass der Präsident Mario Abdo Benítez das Dekret Nº 2725 unterschrieben hat, welches die kontrollierte Produktion von Hanf (oder nicht-psychoaktivem Cannabis, wie es dort bezeichnet wird) für die Herstellung von CBD-Öl sowie andere industrielle Anwendungen zulässt.
Die vom Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht (MAG) veranlasste Maßnahme will die familiäre Landwirtschaft auf dem Land fördern und den kleinen Produzenten so eine wirtschaftliche Alternative bieten, aber auch ein industrielles Netzwerk aufbauen, dank dem Paraguay endlich zu einem transparenten Cannabis-Produzent wird. Die Aussaat soll im April 2020 erfolgen, auf maximal 2 Hektar pro Familie, und Schätzungen zufolge sollen ca. 25 000 Kleinproduzenten – fast so viele, wie momentan vom Cannabisanbau leben – bereits im ersten Jahr von dem Programm profitieren können.
Zwei brasilianische Firmen und eine amerikanische Tochtergesellschaft haben bereits Interesse am Hanfanbau vor Ort angemeldet, und es gibt sogar schon Firmen mit Sitz in Paraguay, die mit den lokalen Produzenten Verträge abschließen wollen.
Mit der Regulierung des Cannabisanbaus für medizinische Zwecke (durch den Staat und große Firmen) sowie von Nutzhanf (für Kleinbauern, damit diese vom Drogenhandel wegkommen) scheint Paraguay sich zu einem wichtigen legalen Cannabisproduzent zu entwickeln, der seinen eigenen Markt versorgen und vielleicht bald sogar in die ganze Welt exportieren kann.
Kommentare unserer Leser
Noch keine Kommentare vorhanden. Wollt ihr die ersten hinterlassen?
Kommentar hinterlassenHat dieser Post dir gefallen?
Deine Erfahrungen mit unseren Samen sind sehr wichtig für uns und können anderen Usern weiterhelfen. (Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.)