- Der Cannabis-Tourismus entwickelt sich zu einer ernstzunehmenden alternativen Einnahmequelle für Orte, die den Marihuanakonsum legalisiert haben.
- Unter den Faktoren, die das Wachstum der neuen Branche bedrohen, findet sich vor allem die Unsicherheit in Bezug auf rechtliche Fragen.
- Bislang scheinen touristische Unterkünfte, in denen der Konsum erlaubt ist, dank digitaler Plattformen aber richtig zu boomen.
Die Ferien sind die Zeit des Jahres, in der man den beruflichen Verpflichtungen entflieht, sich erholt und auf das konzentriert, was einen im tiefen Inneren interessiert. Reisen etwa ist eine der Lieblingsbeschäftigungen vieler Menschen, und bei der Wahl des jeweiligen Reiseziels kommen wiederum individuelle Motivationen, Vorlieben und Hobbys mit ins Spiel. Dank der wachsenden Zahl von Ländern bzw. Staaten, die den Konsum legalisiert haben, kommen dabei auch Marihuana-Fans immer häufiger auf ihre Kosten – mittels eigens für sie entwickelten Reisen.
Die sozialen Stigmata, die lange mit der Pflanze in Verbindung gebracht wurden, verlieren zunehmend an Boden. Cannabis ist längst ein wichtiger Wirtschaftsmotor mit hohem Wachstumspotenzial, und sofern sie sich entscheiden, die Legalisierung voranzutreiben, können auch Firmen sowie staatliche Behörden von dieser Entwicklung profitieren. Zudem ist Cannabis-Tourismus ein relativ schichtenübergreifendes Phänomen, das von Führungskräften oder Anwälten bis hin zu LKW-Fahrern oder Arbeitern ganz verschiedene Zielgruppen anzieht: Bisherige Zahlen bestätigen, dass weite Teile der Bevölkerung sich für den Cannabis-Tourismus interessieren und die Zahl der Besucher – und mit ihnen auch die Höhe der Einkünfte – Jahr für Jahr steigt.
In den USA eine florierende Branche
Ein Beispiel hierfür ist Colorado, einer der amerikanischen Staaten, in denen der Marihuanakonsum bereits legal ist. Offiziellen Daten zufolge hat der Cannabis-Tourismus dort seit 2014 um 51 % zugenommen. Das Finanzministerium von Colorado spricht von rund 6,5 Millionen Cannabis-Touristen im Jahr 2016 und erwartet, dass dieser Trend anhält, da diese Zahl 2017 abermals um 6 % gestiegen ist. Seit der Cannabis-Legalisierung im Jahr 2014 hat der Staat über 5,2 Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) durch den Marihuana-Verkauf eingenommen.
Colorado stellte fest, dass die Marihuanapreise – und damit auch die Einnahmen durch die Mehrwertsteuer – höher sind, je touristischer eine Region ist. Interessant ist auch die Tatsache, dass in Aspen der Cannabisverkauf 2017 zum ersten Mal höher war als der Alkoholverkauf. In der für ihren Ski- und Bergtourismus bekannten Stadt allein lagen die Steuern, die die Cannabis-Anbieter im vergangenen Jahr zahlten, bei 11,3 Millionen Dollar (9,45 Millionen Euro) – gegenüber 10,5 Millionen Dollar (8,78 Millionen Euro) für Spirituosen. Zudem haben Städte, die an der Grenze zu Staaten liegen, die den Konsum legalisiert haben, ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Regionen im Landesinneren, was vielleicht ebenfalls auf den positiven Einfluss des Tourismus zurückzuführen ist.
Seit 2014 hat Colorado über 5,2 Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) durch den Marihuana-Verkauf eingenommen.
Auch in Kalifornien nimmt die neue Branche Fahrt auf. Touren, bei denen Cannabis mit der Verköstigung bzw. dem Verkauf von anderen Produkten kombiniert wird, finden sich dort immer häufiger. Großer Beliebtheit erfreuen sich beispielsweise „Wein und Gras"-Ausflüge, bei denen Marihuana-Fans wie Weinkenner auf ihre Kosten kommen. Immer öfter sieht man Party-Busse, die Weinkeller und Cannabis-dispensaries ansteuern, wo man beide Produkte erwerben und probieren und diese anschließend nicht nur mit zurück in den Bus nehmen, sondern auch dort konsumieren kann. Der Fahrer hat dabei selbstverständlich ein getrenntes Abteil. Ebenfalls beliebt sind Kombipakete von Marihuana und lokaler Gastronomie.
Bei anderen, weniger konventionellen Angeboten kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Bei den Puff, Pass & Paint-Events beispielsweise bekommen die Teilnehmer die Gelegenheit, ihr malerisches Geschick an einer weißen Leinwand auszutesten, während sie den ein oder anderen tiefen Zug nehmen. Die Angebote werden in Zeitungen, Zeitschriften und sogar Reiseführern veröffentlicht.
Da die Gesetze vieler ihrer Staaten sich zunehmend für Cannabis öffnen, sind die USA mittlerweile so etwas wie das Versuchsgebiet für derartige Pionierfirmen. Immer typischer sind beispielsweise auch eine andere Art von Dienstleistungen im Bereich des Gesundheits- und Wohlfühltourismus. Eins der neuesten Projekte, das viel Aufsehen erregt hat, ist das sogenannte Utopia All Natural Wellness Spa and Lounge in Denver, Colorado, das aus bundesgesetzlicher Sicht erste Cannabis-Spa der USA. Für das Utopia soll ein viktorianisches Anwesen in ein Massage-, Yoga- und Badezentrum umgebaut werden, wo Cannabis konsumiert werden darf. Die Kunden sollen dort nicht nur zwischen topischen Behandlungen auf Cannabis-Basis wählen können, sondern auch nach Belieben vapen oder rauchen dürfen.
Wenn man jedoch einen Staat nennen müsste, der ein größeres Freizeitangebot hat als alle anderen, so wäre dies zweifelsohne Nevada. Dieser Staat gehört zur absoluten Avantgarde des Marihuana-Tourismus! Daten zufolge soll der Cannabis-Verkauf dort 2017 Steuereinnahmen von über 70 Millionen Dollar (61 Millionen Euro) eingebracht haben. Das hat Nevada dazu bewegt, die Eröffnung von Rauchsalons zu erlauben, die das Rauchen erleichtern und mehr Touristen anziehen sollen. Noch Ende dieses Jahres soll ein riesiger dispensary in Las Vegas eröffnet werden, der mit seinen interaktiven Laser-Graffiti-Außenwänden, riesigen freischwebenden Kugelinstallationen und Licht- sowie Wasserspielen wie ein Cannabis-Freizeitpark wirkt.
Nicht nur eitel Sonnenschein
Trotz des Erfolgs der neu erstarkenden Branche gibt es einige Probleme, die zu ernsten Stolperfallen wachsen könnten, wenn sie nicht gelöst werden. Zum einen wären da etwa die Unterschiede zwischen Bundes- und Staatsgesetzgebung. Auch wenn die Staaten diesbezüglich eigentlich autonom sind, führen diese Differenzen zu einer rechtlichen Ungewissheit, die potenzielle Akteure davor zurückschrecken lassen könnte, größere Investitionen zu leisten oder den Cannabis-Tourismus zu fördern. Die Behörden von Denver, Colorado, beispielsweise fordern von den Cannabis-Tourismus-Anbietern eine Speziallizenz für den Cannabis-Konsum an öffentlichen Orten – eine Maßnahme, die für den rentablen Sektor einen harten Schlag bedeuten kann.
Der Staat Nevada gehört, angeführt von Las Vegas, zur absoluten Avantgarde des Marihuana-Tourismus.
Probleme gibt es jedoch auch mit den Banken, denn da Cannabis bei der DEA bislang noch als gefährliche Substanz gelistet ist, weigern sich viele Banken, Geschäfte mit der Industrie zu machen, sodass häufig keine andere Möglichkeit bleibt als einfach bar zu zahlen. Dies macht es selbst in Staaten, wo dies eigentlich legal ist, schwieriger, Orte zu finden, an denen Touristen Cannabis konsumieren können.
Cannabis-Unterkünfte
Für alle, die diese Art des Tourismus ausprobieren möchten, gibt es spezielle Unterkünfte, in denen der Marihuana-Konsum erlaubt ist. Viele von ihnen kann man über konventionelle Plattformen wie Airbnb finden, Zimmer mit dem Attribut marihuana-friendly werden jedoch auch andernorts angeboten. Besonders beliebt sind etwa Bud & Breakfast oder Travel Joint, wo man zwischen vielfältigen Alternativen von regulären Apartments oder Hotels – deren Novum einfach nur die Tatsache ist, dass man dort Marihuana konsumieren darf – bis hin zu sehr viel kurioseren Optionen viele Treffer findet. Es gibt zum Beispiel Hotels tief in den Bergen, eigens angepasste Mini-Busse oder auch Baumhäuser, wo man fürs Duschen erst einmal den nächsten Wasserfall ausfindig machen muss.
Und dann wären da noch Plattformen wie My420tours.com, wo man Kochstunden im Designerhotel buchen kann. In den 200 Euro, die ein Einzelzimmer pro Nacht kostet, sind ein Stadtführer, der alle „grünen" Interessepunkte vor Ort aufführt, ein Vaporizer und ein Uber-Service mit inbegriffen, mit dem man sich Cannabis nach Hause liefern lassen kann.
Das hohe Potenzial der Branche könnte das entscheidende Argument sein, um Firmen und Behörden dazu zu bewegen, diese Form des Tourismus auszubauen. In Ländern wie Spanien, für die der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle darstellt, könnte dies ein breiteres und vielfältigeres Angebot ermöglichen. Man sollte die Entwicklung und den Ausbau des Cannabis-Tourismus in anderen Ländern also unbedingt im Auge behalten. Wer weiß, vielleicht trägt das neue Phänomen ja auch dazu bei, dass die Regierungen sich endlich der Vorteile der Legalisierung für die lokale Wirtschaft bewusst werden?
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