- Die Legalisation von Marihuana ist ein Prozess, der nur im Schneckentempo vorankommt. Viele Staaten der USA haben sich der progressiven Entkriminalisierung angeschlossen, aber es scheint, dass andere Industrieländer, wie Spanien, die Legalisation von Cannabis nicht als kurzfristige Option sehen.
- Auch wenn die aktuelle Gesetzeslage den Eigenanbau für den privaten Konsum erlaubt, sieht das polemische Grundlagengesetz über den Schutz der öffentlichen Sicherheit unverschämt hohe Geldbußen für spanische Konsumenten vor.
Spanien ist ein traditionelles Land. Eine Eigenart, die bei manchen Dingen sehr zu schätzen ist, bei anderen allerdings es ein Hindernis für den Fortschritt darstellt. Mit Marihuana passiert etwas Ähnliches, da die Situation in den letzten Jahren anscheinend einen Rückschritt erlitten hat.
Zurzeit ist Marihuana in Spanien nicht legalisiert, aber der Eigenanbau von Cannabis schon, solange man ihn privat betreibt. Bis März letzten Jahres wurde der Konsum und Besitz von Marihuana durch das Grundlagengesetz über den Schutz der öffentlichen Sicherheit von 1992 geregelt, besser bekannt unter den Namen „Ley Corcuera". Unter diesem Gesetz war der öffentliche Konsum verboten, aber es gab keine Regelung über den Anbau von Cannabis in den eigenen vier Wänden.
Ein strengeres Gesetz
Allerdings wurde dieses Gesetz durch ein neues Grundlagengesetz über den Schutz der öffentlichen Sicherheit ersetzt. Dieses Gesetz ist in Spanien auch unter dem Namen „Ley Mordaza" bekannt und zeigt auf, auf welche Weise sich das Land von der weltweiten Pro-Cannabis-Bewegung distanziert. Dieses Gesetz, das nur mit den Stimmen der Partido Popular verabschiedet wurde, wird stark kritisiert, da viele denken, dass es die individuellen Rechte der Bürger einschränkt.
Was Cannabis betrifft, nimmt das Gesetz eine beispiellose Änderung vor: zum ersten Mal wird der Besitz von Marihuanapflanzen als schwere Straftat angesehen, wenn man sie von der Straße aus sehen kann, egal ob die Pflanzen nur für den Eigenbedarf angebaut werden. Konkret heißt es im Artikel 36 des besagten Gesetztes, dass "die Anpflanzungen und der Anbau von toxischen Drogen, Betäubungsmitteln oder psychotropen Substanzen an öffentlich sichtbaren Orten eine schwere Straftat darstellen." Wenn nun einer deiner Nachbarn vermutet, dass du Marihuana auf deinem Balkon anbaust, kann er Anzeige erstatten. Wenn die Anklage nun einem Gesetzeshüter vorgelegt wird, dann wiegt das Wort deines Nachbarn mehr als dein eigenes und du musst beweisen, dass es sich bei den Pflanzen, die du auf deiner Terrasse hältst, nicht um Cannabis handelt.
Wenn du Pech hast und jemand mitkriegt, dass du Marihuana anbaust, sei es auch nur auf dem Balkon, dann kannst du mit einer Geldbuße zwischen 601 und 30.000 Euro belegt werden, genauso wie beim öffentlichen Konsum. In diesem Sinne verschärft das Gesetz die Sanktionen für Konsum, Besitz und Anbau erheblich und verdoppelt die Mindeststrafe (vorher lag sie bei 300 Euro) für den Besitz von Betäubungsmitteln in der Öffentlichkeit.
Bernardo Soriano der Anwaltskanzlei S&F Abogados erklärt gegenüber Dinafem, dass die Situation sich in diesem Aspekt verschärft hat. Vor Inkrafttreten des Gesetzes „Ley Mordaza" konnten sich sowohl Erwachsene als auch Minderjährige einem Rehabilitationsprogramm unterziehen, als Gegenleistung wurde dann die Geldstrafe zurückgenommen. Mit diesem neuen Gesetz steht diese Möglichkeit nur noch Minderjährigen offen und diejenigen, die älter als 18 sind, müssen die entsprechende Sanktion alternativlos annehmen.
Der Bund der Cannabis-Vereine (span. Federación de Asociaciones Cannábicas – FAC) glaubt, dass sich das Panorama, was eine mögliche Legalisierung von Cannabis betrifft, nicht großartig geändert hat. Es gibt in Spanien noch immer drei legitime Vorgehensweisen, um sich mit Cannabis zu versorgen.
Zuerst gibt es die Möglichkeit Cannabis selbst anzubauen, mit dem Nachweis, dass das Gras nicht auf dem Schwarzmarkt verkauft wird und dass es sich um eine Menge handelt, die von einer Person in einer angemessenen Zeit konsumiert werden kann. An zweiter Stelle gibt es die Option, dass ein Grower einer anderen Person Cannabis zu medizinischen Zwecken überlässt, wenn diese eine Krankheit nachweisen kann. An dritter und letzter Stelle gibt es die Erlaubnis „die die größte Kontroverse mit sich bringt" und eine Personengruppe betrifft, die sich zusammenschließt, um gemeinsam Cannabis zu kaufen und sich selbst zu versorgen. Heutzutage sind diese Gruppen als Cannabis-Clubs bekannt.
Die Rechtmäßigkeit der Cannabis – Clubs
Obwohl der Oberste Gerichtshof diesen Vereinigungen vor zwei Jahren unter der Bedingung des gemeinsamen Konsums für zulässig erklärte, ruderte der Gerichtshof im September 2015 wieder zurück und verurteilte einige Mitglieder der Vereinigung Ebers über die Forschung und Nutzer von Hanf (Asociación de Estudios y Usuarios del Cáñamo Ebers) wegen eines Vergehens gegen die öffentliche Gesundheit. Das Urteil wurde mit dem Argument begründet, dass Größe und Struktur der Vereinigung „den vermeintlichen Anbau und gemeinsamen Konsum in nicht strafbaren Mengen" übersteigen. Es war nicht der einzige Club, der unter ähnliche Konsequenzen zu leiden hatte: Im vergangenen Dezember haben Three Monkeys und Pannagh dasselbe Schicksal erlitten.
Die Anwältin Helena Echeverri erklärte gegenüber Dinafem, wenn eins klar sei, dann, dass die Cannabis-Clubs als „absolut illegal" angesehen werden. Des Weiteren fügt sie hinzu: „Wir haben keine Zweifel mehr", dass alle verurteilt werden, die einen Cannabis-Club führen und nicht den neuen Anforderungen des Obersten Gerichts Folge leisten. In diesem Sinne wird im Gesetz festgelegt, dass es sich um regelmäßige Konsumenten handeln muss, die Cannabis im Inneren der Räume, in dem Augenblick und in kleinen Mengen konsumieren. Aber der polemischste Punkt hängt eher mit der Anzahl der Mitglieder zusammen, die in so einer Vereinigung Mitglied sein dürfen. Die exakte Zahl muss nämlich von den Abgeordneten festgelegt werden. „Nie mehr als fünfzig, hundert, fünfhundert oder tausend", sagt Echevarri.
Während des letzten Jahrzehnts haben sich autonome Gemeinschaften wie Katalonien, das Baskenland oder Navarro bereit gezeigt, für die Legalisation der Cannabis-Clubs zu kämpfen. Barcelona wurde schon als das neue Amsterdam gefeiert: Laut der letzten Daten gibt es in dieser Stadt schon um die 160 Cannabis-Clubs, die alle Anforderungen erfüllen. Im Baskenland ist die autonome Regierung sogar noch einen Schritt weiter gegangen. In den letzten Monaten wurde ein neues Betäubungsmittelgesetz veröffentlicht, das diese Vereinigungen reguliert und schützt. Navarra hat auch schon versucht, die Cannabis-Clubs zu regulieren und es eine Zeit lang sogar geschafft. Aber gegen Ende des Jahres 2015 machte der Verfassungsgerichtshof diese autonome Entscheidung rückgängig.
Der Konsument ist der große Verlierer
In allen Fällen sind die Grenzen nicht ganz klar und diese Situation provoziert Konflikte zwischen Konsumenten und Sicherheitskräften. Das hat auch Abel Amor erlebt, ein Asturier, der nach einem Unfall unter starken Schmerzen leidet und Cannabis benötigt, um diese Schmerzen zu lindern. Obwohl er eine Erlaubnis besitzt, hat die Guardia Civil schon bis zu fünf Ernten seiner Marihuana-Plantage einbehalten. „Den erlittenen Schaden und meine verlorene Gesundheit können sie nicht wieder gutmachen", versichert der Betroffene.
Die Debatte um die Legalisation von Marihuana ist noch nicht beendet. Spanien führt auf europäischer Ebene den Cannabis-Konsum an, 17% der Bevölkerung gab an, mindestens einmal diese Substanz probiert zu haben. Laut einer Studie der Vereinigung gegen die Drogensucht (FAD) stimmen 63,5% der jungen Erwachsenen dafür, den Verkauf von Cannabis zu legalisieren. Außerdem gibt die überwältigende Mehrheit von 81,2% an, dass sie ihre Gewohnheiten nicht ändern werden, egal welches Legalisationsszenario eintreten wird. Wenn das Verbot also kein Hindernis für die Konsumenten darstellt, dann wäre der nächste logische Schritt die Entkriminalisierung.
Angesichts dieser Situation kann man nur auf eine Geste (oder auf das Nichtstun) einer künftigen Regierung warten. Während der Wahlkampagnen der Parlamentswahl haben sich die jüngeren Mitglieder der Parteien wie Podemos oder Ciudadanos in ihren Reden für eine Legalisation für Marihuana ausgesprochen. Einige Absichten weckten in der alten politischen Garde einiges an Polemik und ihre Verteidiger beschwichtigten, dass „es sich nicht um einen Freifahrtschein für Cannabis handeln werde", sondern um eine Form, den Konsum zu kontrollieren und den Schwarzmarkt zu bekämpfen. In Anbetracht dieser Vorkommnisse sind alle Augen auf eine hypothetische Bildung der Exekutive gerichtet. Währenddessen muss weiter auf die Legalisation von Marihuana gewartet werden.
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