cannabis principal UK

Marihuana in Großbritannien: Der „Brexit“ sorgt für Aufruhr in Momenten, in denen man auf die Forschung setzt.

  • Die britische Insel durchlebt eine Etappe der politischen Unsicherheit, die auch die Situation rund um den Cannabis beeinträchtigt.
  • Während in der Universität von Oxford ein millionenteures Forschungsprogramm über Cannabinoide in Gang gesetzt wurde, fragen sich die Bürger, wie sie Marihuana transportieren können, wenn sie aus dem Schengen-Abkommen austreten und ob ihre Unternehmen nach dem Austritt aus der Europäischen Union dem Wettbewerb auf dem europäischen Markt wie vor dem „Brexit“ standhalten werden können.
  • Die außergewöhnliche Aktion einer irländischen Mutter fördert die Diskussion um die Legalisierung in einem der Länder des alten Kontinents mit einer sehr restriktiven Drogenpolitik.
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Nachdem das Vereinigte Königreich offiziell seinen Austritt aus der Europäischen Union kundgab, steht das Land im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die aktuelle politische Lage ist auch in der Welt des Cannabis zu spüren, da die neue Situation auch die Einstellung gegenüber der Pflanze im Land beeinflusst. Mit oder ohne „Brexit", die Einwohner des Landes möchten in der Gesetzgebung bezüglich Marihuana Veränderungen sehen. Die Bürger haben sich mobilisiert, um in ihrem Land, dass diesbezüglich eine der restriktivsten Politiken in ganz Europa hat, bessere Bedingungen zu erkämpfen.

Währenddessen hat die Elite-Universität von Oxford ein Forschungsprogramm über medizinisches Cannabis in Gang gesetzt. Und es handelt sich nicht um irgendein Programm; Privatinvestoren haben rund 10 Millionen Pfund (etwa 11,65 Millionen Euro) in das Projekt gesteckt. Das Geld wird von Oxford Cannabinoid Technologies verwaltet, ein neues biopharmazeutisches Unternehmen, das sich dem Studium und der Entwicklung von auf Cannabinoiden basierenden Komponenten und Therapien widmet.

Oxford versucht auf diese Weise Fortschritte in der Suche nach neuen Behandlungsformen gegen Krankheiten zu erzielen, die sie schon seit Jahren in anderen medizinischen Zentren erforschen. Sie konzentrieren sich speziell auf Krebserkrankungen und andere Entzündungen und Schmerzen verursachende Pathologien. Dafür möchten sie herausfinden, wie die durch Cannabinoide induzierten, molekularen und zellularen Mechanismen funktionieren.

„Es wurden bereits spannende, biologische Entdeckungen in der Cannabinoid-Forschung gemacht. Dieses Forschungsprogramm bietet die Möglichkeit, unser Verständnis über Cannabinoide und darüber, welche Rolle sie in der Gesundheit und Krankheit spielen, zu erweitern", sagt der Professor für Gynäkologische Onkologie Ahmed Ahmed. Das Projekt profitiert davon, dass Cannabidiol seit Ende des letzten Jahres als Medizin eingestuft wird, da sich die britische Arzneimittelbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) für eine Kommerzialisierung einsetzte. Diese Regulierung erlaubt den Forschern einen sichereren Zugang zur Substanz und wird dazu führen, dass den Verbrauchern bald sehr viel umfassendere Informationen über Cannabinoide zur Verfügung stehen werden. 

Das Projekt ist derartig bedeutend, dass sogar berühmte Schauspieler wie Patrick Steward es unterstützen. Steward, der in seiner Rolle als Captain Jean-Luc Picard in der Sage Star-Trek und als Professor Charles Xavier in X-Men bekannt wurde, konsumiert Cannabis aus medizinischen Gründen, um damit die Arthrose (eine Krankheit, die das Knorpelgewebe angreift) in seinen Händen zu behandeln. „Ich glaube, dass dieses Forschungsprogramm für Leute wie mich von Vorteil sein wird", kommentierte Steward.

Ein Aufschrei für die Legalisierung

Oxfords Initiative kam, nachdem eine Umfrage erhoben wurde, in 58 % der Parlamentsabgeordneten für die landesweite Legalisierung von medizinischem Marihuana stimmten. Unter ihnen befanden sich wichtige Persönlichkeiten wie der ehemalige Stellvertretende Premierminister Nick Clegg. Innerhalb der Parteien waren 55 % der konservativen Labour-Partei einverstanden, während es in der Schottischen Nationalpartei sogar 88 % waren.

Dennoch wird das Anliegen von keiner der großen Parteien offen unterstützt; die Liberaldemokraten und die Grünen hatten hingegen schön öfters eine Legalisierung gefordert. Es geht sogar noch weiter, im März des vergangenen Jahres forderten einige Parteien sogar die Regulierung des Freizeitgebrauchs. Sie schlossen sich damit Personen an, die an chronischen Schmerzen und Nervosität leiden und schon vor einiger Zeit diese Forderung geäußert hatten.

Einer der Gründe, warum angenommen wird, dass eine Legalisierung in nicht allzu weiter Ferne steht ist, dass, wie wir bereits erwähnt haben, die Arzneimittelbehörde des Landes vor einigen Monaten Cannabidiol als eine medizinische Substanz klassifiziert hat und somit die Medikamente mit diesen Wirkstoffen wie Arzneimittel zu bewerten sind. Ein konservativer „Thinktank" argumentierte, dass eine Regulierung jährlich etwa 750 bis 1000 Millionen Pfund (883 bis 1177 Millionen Euro) an Steuergeldern bedeuten würde und gleichzeitig mehr als 1300 Personen weniger in Gefängnissen inhaftiert würden, wodurch der Staat ebenfalls Gelder einsparen könnte.

Der „Brexit" steht an

Der „Brexit" ist mittlerweile eine fassbare Realität. Das Vereinigte Königreich und die Europäische Union haben begonnen, die Austrittsbedingungen zu verhandeln und vorherzusehen, welche Auswirkungen dies auf die Bürger haben wird. Auch hier spielt Cannabis eine Rolle.

Falls die Verhandlungen wie bisher verlaufen, wird die Insel bald aus dem Schengen-Abkommen für freie Mobilität von Waren und Personen austreten. Dies wird sich für viele Personen nachteilig auswirken, die bisher qualitativ hochwertiges Gras zu medizinischen Zwecken im Ausland bezogen. Die Patienten werden jetzt nicht mehr mit derselben Leichtigkeit wie in anderen EU-Mitgliedsstaaten die Medikamente oder Substanzen zur Behandlung erwerben und transportieren können.

Innerhalb der Europäischen Union kann jeder Patient, der das benötigte Medikament in seinem Land nicht erhalten kann, in ein Anderes fahren, das ihm eine Lösung für sein Problem bietet. Anschließend kann er das Medikament dann zu seinem Wohnort transportieren. Der 'Brexit' ist dafür verantwortlich, dass den britischen Patienten das Recht verweigert wird, in einen anderen Staat zu reisen, der die Anwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken nicht bestraft.

Aber auch diejenigen, die Marihuana als Genussmittel konsumieren, sehen sich durch den Austritt ebenfalls benachteiligt, da sie das Recht verlieren, in ein Land zu ziehen, wo der Konsum mehr Akzeptanz findet als in Großbritannien. Außerdem wird es jeden Briten betreffen, der die Grenzen überqueren will und irgendeine Verurteilung wegen des Konsums von Cannabis besitzt.

Zuletzt sehen sich sowohl die Unternehmen, die sich mit Cannabis beschäftigen und gerade in Großbritannien Fuß gefasst haben, als auch die Samenbanken vom 'Brexit' benachteiligt. Alle hängen direkt vom Verkauf an die anderen Länder der Europäischen Union ab und sehr wahrscheinlich werden sie nun mit einem anderen Steuersatz besteuert werden, weshalb diese Unternehmen nun viel von ihrer Wettbewerbsfähigkeit einbüßen werden.

Gute Nachrichten aus Nordirland

Um medizinisches Cannabis zu legalisieren, kann das Vereinigte Königreich nun auf die jüngsten Ereignisse in Nordirland schauen, wo eine Mutter dafür kämpft, dass die Situation bezüglich Cannabis sich auch in ihrem Land verbessert. Sie tut dies ihrem Sohn zuliebe. Der Sprössling von Charlotte Caldwells heißt Billy und leidet an schwerer Epilepsie. Als er vier Monate alt war, sagten die Ärzte zu Charlotte, dass der Säugling sterben werde. Sie gab aber nicht auf; heute ist der Kleine 11 Jahre alt.

Eine Ärztin aus Belfast erklärt sich schließlich bereit, dem Jungen medizinisches Cannabis zu verschreiben und verordnete, dass er von einem Kollegen aus Kalifornien ärztlich betreut werden solle. So zogen Mutter und Sohn für zwei Jahre nach Amerika, damit Billy behandelt werden konnte, bis der Gesundheitsminister sich bereit erklärte, für Billys Behandlung zu zahlen, wenn sich ein Arzt und Physiotherapeut im Vereinigten Königreich finden würde. So konnten Charlotte und Billy wieder nach England ziehen, aber der Zustand des Jungen verschlechterte sich. 

Zurück in Nordirland empfahl ihr kalifornischer Arzt ihnen medizinisches Cannabis, um die Krämpfe zu lindern. Um die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu richten, sind Charlotte und Billy von ihrer Stadt aus bis nach Castleberg in Belfast gelaufen und haben dabei eine Strecke von über 240 Kilometern zurückgelegt. „Ich war frustriert, weil ich nicht erlauben wollte, dass sie Billy einfach sterben lassen." Im Royal Victoria Krankenhaus der nordirischen Hauptstadt verschrieb ihm eine Ärztin endlich medizinisches Cannabis. „Sie war sehr freundlich", erzählt Charlotte. „Sie hat mit mir geweint und hat gesagt, dass sie alles tun wird, um meinem Sohn zu helfen. Ich war sehr gerührt."

Laut Schätzungen konsumieren circa eine Million Briten Cannabis zu medizinischen Zwecken. Sie müssen die Pflanze illegal erwerben oder anpflanzen, aber beide dieser Möglichkeiten können eine strafrechtliche Verfolgung mit sich ziehen. Das Land steuert auf eine neue Ära zu, die eine freizügigere Gesetzgebung in vielen Bereichen erfordert. Die Einwohner des Landes werden dafür dankbar sein.

05/04/2017

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