- Es ist ein durchmischter Sommer für Frankreichs Cannabis-Community. In den letzten Monaten wurden dank der Gesetzeslücke, in die Produkte auf CBD-Basis und Cannabis light, eine Hanfsorte mit maximal 0,2 % THC, fallen, überall im Land Coffeeshops eröffnet.
- Die Behörden reagierten schnell und riefen in Erinnerung, was legal sei und was nicht; die Rechtslage ist aber nach wie vor uneindeutig.
- In manchen der Cannabis-Lokale stand die Polizei bereits auf dem Plan, anderen droht die baldige Schließung. Die französische Regierung hat nun eine Reform der momentan geltenden Regelung angekündigt, um weitere Unklarheiten zu vermeiden.
Europa hat in den letzten Jahren einen regelrechten Cannabis light-Rausch erlebt. Dabei handelt es sich um eine Art von Marihuana, die es aufgrund ihres verschwindend geringen Gehalts an Tetrahydrocannabinol (THC) auf legalem (oder semilegalem) Weg in einige Länder des alten Kontinents geschafft hat. Denn nachdem THC das psychoaktive Cannabinoid der Marihuana-Pflanze ist, hat diese Sorte bei einem THC-Gehalt von unter 1 % keinerlei psychoaktive Wirkung. Stattdessen enthält sie hauptsächlich Cannabidiol (CBD), ein Cannabinoid, das nicht nur nicht psychoaktiv wirkt, sondern dank seiner therapeutischen Eigenschaften auch das Wohlwohlen der WHO genießt und bereits in vielen Ländern der Eurozone reguliert ist.
Frankreichs widersprüchliche Gesetzgebung
Die Schweiz wuchs zum Pionierland, als sie 2011 ihre Gesetzgebung anpasste, sodass dieser Marihuana-Typ – vorausgesetzt, sein THC-Gehalt liegt unter 1 % - in verschiedenen lizenzierten Geschäften angeboten werden kann. Seitdem wurden der Verkauf und die Verwendung von Cannabis light in der Schweizer Gesellschaft immer normaler – geboren war eine Industrie, die heute europaweit an der Spitze steht. Das blieb nicht ohne Auswirkungen auf das Nachbarland: Der französische Markt war für die Schweizer Firmen viel zu verlockend, um nicht ihr Glück zu versuchen. So kam es dazu, dass im Oktober 2017 in Besançon, einer französischen Stadt nahe der Grenze zur Alpennation, eine Schweizer Marke ihre erste Filiale eröffnete.
Die Rechtslage in Frankreich ähnelt jedoch weniger der der Schweiz als der eines anderen Nachbarstaats, Italien. Sieht man sich die Art an, wie Italien mit dem Thema Cannabis light umgeht, so kann man auch besser nachvollziehen, warum die helvetischen Firmen mit dem französischen Markt liebäugelten. Denn auch in Europas „Stiefel" gab es einen derartigen Cannabis light-Rausch, allerdings basierte dieser auf einer legalen Grauzone: Der Anbau und Verkauf von Hanf ist in Italien grundsätzlich legal, solange dessen THC-Gehalt 0,6 % nicht übersteigt. Da dessen Verkauf als Genussmittel oder zu therapeutischen Zwecken hingegen nicht reguliert ist, werden entsprechende Produkte häufig als nicht für den menschlichen Konsum bestimmt ausgeschrieben.
Bislang scheint diese ambigue Situation in Italien ganz gut zu funktionieren, da sie Einnahmen und Arbeitsplätze bringt sowie Cannabis-Nutzer oder Patienten, die nach CBD-reichen Buds suchen, zufriedenstellt. In Frankreich dagegen reagierten die Behörden vehementer auf die Öffnung der neuen Geschäfte mit Cannabis light und CBD-Produkten. Die Coffeeshops haben sogar eine richtige soziale, rechtliche und politische Debatte im Hexagone ausgelöst.
Die Reaktion der Behörden
Das Angebot der neuen Läden basiert gänzlich auf CBD: Kapseln, Liquids für elektronische Verdampfer, Tee, Balsam, Cremen, Lebensmittel und Cannabis light. Die Behörden verfolgten den Boom um die Cafés, die eigentlich eher mit den amerikanischen dispensaries zu vergleichen sind, von Beginn an mit wachsamem Auge. Ende Juni hat die MILDECA (dt.: „Interministerielle Mission zur Bekämpfung von Drogen und Suchtverhalten") nun eine Erklärung veröffentlicht, mit der sie der Verwirrung um diese Geschäfte ein Ende setzen und die Gesetzeslücke schließen wollte.
Dem Text zufolge darf der THC-Gehalt von CBD-Produkten nicht über 0,2 % liegen. Es gibt aber einen Haken, denn wie die Institution weiter präzisierte, beziehe sich dieser Wert auf die Pflanze, nicht auf den THC-Gehalt des Endprodukts. „Produkte, die THC enthalten – egal wie viel – sind verboten", erklärte sie, und wies zudem darauf hin, dass es in den geltenden Gesetzen um die Samen und Fasern von Hanf gehe, nicht um dessen Blüten, sprich Buds. Da es sich bei Cannabis light um Buds handle, sei dieses also selbst bei einem sehr geringen THC-Anteil grundsätzlich illegal.
Die Erklärung ist zwar nicht rechtsverbindlich, zeugt aber sehr wohl von der Absicht der Behörden, die Lokale zu verfolgen. Fortan muss der THC-Gehalt der Produkte bei 0 % liegen. „Die Regierung hat gesehen, was in Frankreich passiert, und versucht, die Leute abzuschrecken", glaubt Karolina Willoqueaux, die Leiterin von BioKonopia, einer der Schweizer Firmen, die auf dem französischen Markt eingestiegen sind. Sie beurteilt die Gesetzesinterpretation von MILDECA sehr kritisch, unter anderem deshalb, weil das Endprodukt zwangsweise immer THC-Spuren enthalte. Außerdem betont die Unternehmerin, dass es bei einem THC-Anteil unter 0,2 % keinerlei psychoaktive Wirkung gebe, weshalb die Maßnahme ohnehin nicht sonderlich sinnvoll sei. Bei BioKonopia sei man nicht der Meinung, gegen das Gesetz zu verstoßen, und werde versuchen, diesen Standpunkt gegenüber dem Élysée zu verteidigen.
Kurs auf die Schließung der Coffeeshops
Seit der Erklärung von MILDECA mussten nach behördlichen Inspektionen um die 15 Cannabis-Geschäfte schließen. Die Cannabis-Vereinigung Norml France verteidigte viele Unternehmer damit, dass es sehr wenig öffentliche Informationen zu dem Thema gegeben habe und viele nicht richtig über die Auflagen für Hanfprodukte mit mehr als 1 % THC Bescheid gewusst hätten. Sie betonte, dass die Haltung der Behörden besonders restriktiv sei, dass andererseits aber auch viele Beteiligten die anfängliche Anarchie ausgenutzt hätten.
„Die Blüten sind verboten; daran ist nichts unklar. Wenn man sich vor Augen führt, dass manche Geschäfte 80 bis 90 % ihres Umsatzes mit Blüten machen, überrascht die Reaktion von MILDECA kaum", erklärt Béchir Bouderbala, der Direktor der Abteilung Rechtsfragen von Norml France. Die Vereinigung ist überzeugt davon, dass man den Markt korrekt regulieren sowie den Firmen oder neuen Lokalen helfen kann, rechtliche Risiken zu reduzieren und nur Produkte auf CBD-Basis anzubieten, die den erlaubten THC-Anteil nicht übersteigen.
Die Regierung allerdings scheint angesichts der gesetzlichen Grauzone hart durchgreifen zu wollen: So erklärte die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, ihrer Meinung nach seien die Geschäfte bereits in wenigen Monaten geschlossen. „Wir müssen die Rechtsvorschriften überprüfen und überlegen, wie wir Ordnung in das Ganze bringen. Das 0,2 %-Gesetz ist wohl tatsächlich ein bisschen vage", gab sie an. Damit bleibt wenig Zweifel an der Absicht der Regierung, den Cannabis-Cafés ein Ende zu setzen, umso mehr, als angesichts der Schließungen bereits Nägel mit Köpfen gemacht wurden – dieser Sommer hält also einige traurige Nachrichten für die französische Cannabis-Community bereit!
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