- Viele Patienten mit Fibromyalgie nutzen Marihuana zur Behandlung ihrer Krankheit; genügend Studien, die dies stützen, gibt es aber noch nicht.
- Den spärlichen Beweisen zufolge kann man mit Cannabis nicht nur effizient die körperlichen Symptome wie intensive oder chronische Schmerzen behandeln, sondern auch die psychologischen Symptome.
- Wenn es um Fibromyalgie geht, scheint Cannabis also eine ideale Alternative zu den üblicherweise verschriebenen Medikamenten auf Opioid-Basis darzustellen.
Fibromyalgie ist eine der am weitesten verbreiteten chronischen Schmerzkrankheiten der Welt, obwohl sie noch nicht allzu lange bekannt ist (ihre Definition erfolgte 1990). Schätzungen zufolge sind ca. 5 % der Weltbevölkerung von ihr betroffen, wobei es sich bei 90 % der diagnostizierten Fälle um Frauen handelt, die unter chronischen, umfassenden Muskelschmerzen und häufig auch Gelenksteife, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, kognitiven Störungen, Müdigkeit und Schlaflosigkeit leiden.
Viele der Patienten klagen darüber, dass die Erfüllung alltäglicher Aufgaben durch die Schmerzen, die sie verspüren, zu einer großen Herausforderung oder schlicht unmöglich wird, und leider gilt die Krankheit als unheilbar. Einigen Wissenschaftlern zufolge handelt es sich bei der Fibromyalgie um eine komplexe neurologische Störung. Genau dort setzt die Idee an, Marihuana zur Behandlung zu nutzen. Es gibt aber noch keine konkreten Belege dafür, was genau die Krankheit auslöst.
Fibromyalgie scheint meistens erblich bedingt zu sein, obwohl Infektionen, physische Traumata (wie Autounfälle) oder emotionale Schocks sie ebenso auslösen können. Viele Forscher glauben, dass die Ursache für die häufigen Schmerzen in der Art und Weise liegt, wie das Gehirn reagiert. Die Krankheit führt zu einer erhöhten Konzentration der für Schmerzsignale zuständigen chemischen Stoffe im Gehirn, sodass letzteres die Schmerzempfindung intensiviert.
Fibromyalgie mit Marihuana behandeln
Ein Heilmittel gegen Fibromyalgie ist, wie bereits erwähnt, bislang noch nicht bekannt. Die Behandlungen ziehen meistens lediglich darauf ab, die Schmerzsymptome zu lindern, sodass meistens Opioidarzneimittel wie Analgetika, Antidepressiva und Antikonvulsiva verschrieben werden. Gleichzeitig weisen die Ärzte darauf hin, wie wichtig es ist, Stress abzubauen, genug zu schlafen, Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren.
Während Fibromyalgiepatienten jahrelang ihre Schmerzen mit Arzneimitteln in den Griff zu bekommen versuchten, greifen sie nun auch häufiger zu Medizinalhanf, das häufig eine bessere Lösung darstellt. Denn nachdem die Symptome sehr breitgefächert sind, können sie den Konsum anpassen, um eine effizientere Behandlung zu erzielen, je nachdem, wie sie sich fühlen und welche Tageszeit es gerade ist.
THC-reiche Marihuana-Sorten beispielsweise helfen bei Stimmungsschwankungen, Gedächtnisproblemen und Depressionssymptomen. CBD-reiche Genetiken hingegen haben einen beruhigenden Effekt und werden zur Linderung von Angstattacken und als Einschlafhilfe verwendet. Auch die Terpene oder ätherischen Öle, die im Cannabis enthalten sind, helfen gegen Entzündungen der Gelenke und des Gewebes.
Die Rolle des Endocannabinoid-System bei Fibromyalgie
Dem bekannten Neurologen und Pharmakologen Dr. Ethan Russo zufolge könnte die Fibromyalgie mit dem sogenannten klinischen Endocannabinoid-Mangel (CECD) zusammenhängen. Beim Endocannabinoid-System handelt es sich um ein Netzwerk, das die Kommunikation zwischen Gehirn, Organen, Drüsen und Immunzellen erleichtert und dessen Hauptfunktion die Aufrechterhaltung der Homöostase ist, des internen Gleichgewichts. Wenn im Endocannabinoid-System etwas hakt, hat dies zahlreiche Probleme beim Schlafen, im Magen-Darm-Bereich und mit der Stimmung zur Folge. Und, kommen euch diese Symptome nicht auch bekannt vor? Genau, es sind genau die, über die Fibromyalgie-Patienten klagen.
Cannabis könnte helfen, das Gleichgewicht im Endocannabinoid-System wiederherzustellen. Es gibt allerdings noch keine Studien über die Verwendung von Medizinalhanf bei Fibromyalgie-Patienten, sondern nur beobachtende Studien, bei denen der Freizeitkonsum von Marihuana als Behandlung genutzt wurde.
Eine 2011 veröffentlichte Forschungsarbeit ergab bereits, dass der Cannabiskonsum sich sehr vorteilhaft auf bestimmte Fibromyalgie-Symptome auswirken könnte. Sie hatte Personen begleitet, die Cannabis verwendeten, statt sich auf ein konkretes Extrakt oder einen Stoff zu konzentrieren. Eine neue Studie aus dem Jahr 2016 allerdings ergab, dass „[a]ktuell [...] keine ausreichende Evidenz [besteht], eine symptomatische Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen bei rheumatischen Erkrankungen [wie Fibromyalgie] mit Cannabispräparaten zu empfehlen".
Wie bereits angemerkt, sind fast 90 % der Personen mit Fibromyalgie Frauen. Eine Studie der Universität von Columbia mit weiblichen und männlichen Probanden ergab jedoch, dass Frauen eine höhere Marihuana-Toleranz haben, sodass die Pflanze als Schmerzmittel bei ihnen weniger effizient wirkt.
Cannabis vs. Opioide
In der medizinischen Fachliteratur scheint es also noch Klärungsbedarf zu geben. Die eigentliche Frage, die die Wissenschaftler beantworten wollen, ist, ob Medizinalhanf besser für die Patienten ist als die konventionell verschriebenen Medikamente.
2014 hat die amerikanische National Pain Foundation eine Umfrage unter 1300 Fibromyalgie-Patienten durchgeführt, von denen 30 % angaben, Medizinalhanf zur Behandlung ihrer Symptome verwendet zu haben. Letztere wurden zudem gebeten, die Wirkung des Marihuanas mit der der ihnen verschrieben Opioidarzneimittel zu vergleichen:
- 62 % berichteten, dass Cannabis sehr effektiv zur Behandlung ihrer Symptome sei.
- 33 % gaben an, Cannabis helfe ein bisschen.
- 5 % waren der Meinung, Cannabis helfe gar nicht.
Wenn man diese Angaben mit den von der FDA zugelassenen Medikamenten vergleicht, ergibt sich Folgendes:
- Lediglich 8–10 % gaben an, dass Cymbalta, Lyrica oder Savella (bzw. Duloxetin, Pregabalin und Milnacipran, drei der bei Fibromyalgie am meisten verschriebenen Medikamente) „sehr effektiv" seien.
- 60–68 % bezeichneten die Arzneimittel als „kein bisschen hilfreich".
Angesichts der Frusterlebnisse der Fibromyalgie-Patienten mit den gängigen Behandlungen und der vernichtenden Auswirkungen der Krankheit fällt es schwer, eine moralisch vertretbare Begründung dafür zu finden, warum man den Erkrankten den Zugang zu Cannabis verwehren sollte, wenn dies vielleicht ihre Lebensqualität verbessern könnte. Auch wenn noch weitergeforscht werden muss und vielleicht nur einige wenige Personen tatsächlich zu Medizinalhanf greifen, um ihre Symptome zu lindern, so könnte deren Erfahrung doch einen wichtigen Schritt darstellen, um die Krankheit in Zukunft besser behandeln zu können.
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Quellen:
Efficacy, tolerability and safety of cannabinoids in chronic pain associated with rheumatic diseases (fibromyalgia syndrome, back pain, osteoarthritis, rheumatoid arthritis). A. Fitzcharles, C. Baerwald, J. Ablin. Der Schmerz. 2016.
Cannabis Use in Patients with Fibromyalgia: Effect on Symptoms Relief and Health-Related Quality of Life. Jimena Fiz, Marta Durán, Dolors Capellà, Jordi Carbonell, Magí Farré. PLoS ONE. 2011
Sex-dependent effects of cannabis-induced analgesia. Ziva Cooper, Margaret Haney. Drug and Alcohol Dependence. 2016
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