- Auch wenn bisher nur Microsoft den Schritt gewagt hat und diskret in den Marihuanamarkt eingedrungen ist, gibt es Gerüchte über andere Technologie-Riesen wie Google oder Apple, die diese Firmen in Verbindung mit der Cannabisindustrie bringen.
- In einem entscheidenden Moment, in dem die Legalisierung auf US-amerikanischem Boden unaufhaltsam voranschreitet, scheint es, als ob sich die großen Technologie-Unternehmen dieses Geschäft nicht entgehen lassen wollen.
- Jedoch agieren sie aus Angst vor der Bundesgesetzgebung immer noch sehr vorsichtig. Wir erzählen Dir in diesem Artikel, wie die Dinge stehen und was die Zukunft für sie bringt.
Im Juni 2016 stieg Microsoft als erster Technologie-Riese in die Marihuana-Branche ein. Dies geschah ganz diskret und ohne viel Aufhebens durch Kind Financials, einem Unternehmen, das ein Softwarepaket zur Kommerzialisierung und Überwachung der Cannabisproduktion anbietet.
Im Rahmen dieser besonderen Allianz arbeitet Microsoft Hand in Hand mit der Abteilung IT-Lösungen für Regierungen von Kind, in der Programme entwickelt werden, die die staatlichen und lokalen Regierungen bei der Umsetzung der neuen Richtlinien für Cannabis unterstützen. Wie machen sie das? Durch die Bereitstellung von Tools zur Kontrolle der Produktion, Verteilung und des Verkaufs von Cannabis durch die Überwachung des gesamten Prozesses. Diese Überwachung vom Anbau bis zur Auslieferung zielt darauf ab, zu verhindern, dass ein Teil des erzeugten Marihuanas auf dem Schwarzmarkt verloren geht. Ebenso soll erreicht werden, dass bei keinem Glied in der Kette die entsprechenden Steuerverpflichtungen umgangen werden.
David Dinenberg, Gründer und CEO von Kind Financials sowie Urheber des Bündnisses mit Microsoft, zeigt sich nach wie vor überrascht, den Software-Riesen überzeugt zu haben: "Ich erinnere mich noch an die ersten 15 Gespräche, die ich mit ihnen hatte und wie ich ihnen immer wieder sagte: ‚Nur damit es klar bleibt, ihr wisst doch, welcher Branche ich mich widme, oder?'", besinnt er sich zurück.
Eigentlich und obwohl Microsoft sicherlich wusste, mit wem sie zu tun hatten, konnte es bestimmt nicht schaden, dass Dinenberg sie daran erinnerte. Letztendlich ist die Website von Kind Financials genauso wie das Unternehmen selbst äußerst diskret. Obwohl das Wort ‚Cannabis' im Seitenkopf der Website steht, erscheinen nirgendwo weder Marihuanablätter noch der typische grüne Schriftzug, den man normalerweise auf anderen Seiten von Unternehmen der Branche findet. „Wir sind ein IT-Unternehmen, das Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Dabei fokussieren wir uns auf die Marihuana-Industrie, aber wir selbst bauen kein Cannabis an", erklärt der Unternehmensgründer und macht durch seine Aussage klar, warum sie der perfekte Bündnispartner für Microsoft für den Einstieg in diesen Markt sind.
Dank Kind Financials stellte der Auftakt in der Cannabis-Industrie für den Redmonder Riesen kein allzu großes Risiko dar, da dieses erste Bündnis mit einem Unternehmen geschlossen wurde, das keinen Kontakt mit Marihuana an sich hat.
Eine historische Vereinbarung
Für Dinenberg bedeutet die mit Microsoft geschlossene Vereinbarung für die Zusammenarbeit in der Entwicklung einer Software ein äußerst wichtiges Ereignis. „Eines Tages, wenn über die Geschichte der Cannabisindustrie gelehrt wird, wird der Deal zwischen Microsoft und Kind auf der Zeitachse erscheinen", sagt der CEO voraus. „Und es erfüllt mich mit Stolz, das als Unternehmer sagen zu können." Der Gründer dieses Cannabis-IT-Unternehmens glaubt sogar, dass die Vereinbarung mit dem Software-Riesen nur ein erster Schritt ist. Er scheint überzeugt zu sein, dass dies nur der erste Domino-Stein ist, der andere zu Fall bringen wird, wenn immer mehr andere große Unternehmen beginnen, in die Cannabis-Branche einzusteigen, sodass Fortschritt und Legalisierung gefördert werden.
Und damit ist er nicht der Einzige, der so denkt. Allen St. Pierre, Geschäftsführer der Nationale Gesellschaft für die Reformierung der Marihuana-Gesetze (NORML), glaubt, dass dieses Bündnis Cannabis-Geschäfte erleichtern wird, nicht nur wegen der Software an sich, sondern auch wegen der Legitimierung und der Normalisierung, die der Name Microsoft dem Sektor beschert. „Mit einem Namen wie Microsoft bekommt man die Aufmerksamkeit der Leute", argumentiert der Experte. "Es ist ein aufschlussreicher Indikator, dass ein Unternehmen von diesem Kaliber das Risiko auf sich nimmt, die Verbindung mit einem kleinen Unternehmen einzugehen, das sich auf das Geschäft mit Cannabis konzentriert", fügt Mattew A. Karnes hinzu, seinerseits Gründer der Beratungsfirma Green Wave Advisors.
Von Microsoft aus gibt es jedoch anscheinend die Absicht, die Bedeutung von diesem Bündnis zu verharmlosen. „Wir unterstützen Lösungsanbieter, die für Regierungskunden arbeiten und helfen ihnen, ihre Aufgabe zu erfüllen", wurde ganz schlicht und knapp vonseiten des Technologie-Giganten in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Kind Financials bestätigt. Keine großen Feierlichkeiten oder Reden zur Unterstützung von Marihuana.
Andere Technologie-Spieler
Obwohl Microsoft derzeit der einzige Gigant ist, der offiziell in die Cannabis-Branche eingestiegen ist, häufen sich die Gerüchte über viele andere Technologie-Unternehmen, die mit der Marihuanaindustrie in Verbindung gebracht werden.
Ende Januar dieses Jahres patentierte Apple einen Vaporizer, der den Verdacht der Cannabiswelt erregte. Auch wenn die Unterlagen nicht spezifisch Marihuana aufführten, verfügt das patentierte Gerät über eine bewegliche Platte zum Erhitzen, die sich während der Verdampfung langsam herabsenkt. Experten zufolge wäre dieses Design viel sinnvoller für den Konsum von Cannabis, da es dank der Nähe des Wärmezufuhrelements (diese bewegliche Platte) zur Substanz eine beständige Verdampfung ermögliche.
Auf der Grundlage seines Designs könnte diese Art von Vaporizer mit flüssigen Extrakten aus Buds funktionieren, auch wenn es scheint, dass es bessere Resultate mit Ölen oder festen Produkten erzielen würde, wie zum Beispiel korrekt zubereitetes Marihuana. Doch ist dieses Patent wirklich ein getarntes 'iVape'? Die Geschichte des Unternehmens mit der Cannabisindustrie geben keine Anzeichen auf Optimismus, sondern eher das Gegenteil.
In der Vergangenheit wollte Apple eine Anwendung in Verbindung zu Marihuana aus seinem App Store zurückziehen, obwohl sie schließlich nachgaben und die Kommerzialisierung doch ermöglichten. Außerdem und obwohl viele von uns mit Wohlwollen sehen würden, dass die Leute von Cupertino vollstens in die Branche einstiegen, dürfen wir nicht vergessen, dass Vaporizer zu unterschiedlichen industriellen Zwecken genutzt und sogar in 'smell-o-vision'-Systeme integriert werden könnten. Diese Technologien erlauben es, Duftstoffe als Teil einer Filmerfahrung oder des Abtauchens in eine virtuelle Realität zu ergänzen. Daher könnten diese neuen Geräte zu diesem Zweck verwendet werden. Aus all diesen Gründen scheint es zumindest zum heutigen Zeitpunkt wahrscheinlicher, dass dieses Patent Teil ihrer Technologie-Produkte sein wird, als den Markt für Marihuanakonsum revolutionieren wird. Trotzdem ist es noch zu früh für diese Prophezeiungen.
Der Fall Google
Google seinerseits konnte ebenso wenig die Gerüchte über einen möglichen Einstieg in die Cannabisbranche zerstreuen. Einen Monat nach der Ankündigung von Microsoft bestätigte ein Leiter des Unternehmens LivWell Enlightened Health, eine der größten US-Verkaufsketten für Endverbraucher, dass das Unternehmen der beliebtesten Internet-Suchmaschine sich mit ihnen in Kontakt gesetzt hatte, um mögliche Wege der Zusammenarbeit zu planen.
„Ich kann bestätigen, dass Google uns kontaktiert und gefragt hat, ob wir daran interessiert wären, mit ihnen über die Bedürfnisse der Branche zu sprechen und wie wir zusammenarbeiten könnten, um diese Bedürfnisse zu decken", erklärte Mattew Givner, Sprecher der US-amerikanischen Kette.
Wenn Google und LiveWell Enlightened Health endlich zu einer Vereinbarung kommen, setzt das ‚große G' die zögerliche aber fortschreitende Annäherung der Technologie-Unternehmen an den Cannabismarkt fort. Eine Geschäftschance, die man schwer ausschlagen kann, aber an die sie sich aufgrund der von der Bundesgesetzgebung festgelegten Einschränkungen vorsichtig annähern. Kleine Schritte hin zu einer vollständigen Normalisierung des Marihuanakonsums und einer Industrie, die trotz der Hindernisse weiter wächst und wächst.
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