Das Antibiotikum der Zukunft: Wirkt CBD gegen bakterielle Infektionen?

  • Australische Forscher haben noch eine medizinische Anwendung von Cannabidiol (CBD), dem beliebten nicht-psychoaktiven Cannabis-Cannabinoid, entdeckt.
  • Beim letzten Jahrestreffen der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie wurde eine Studie vorgestellt, nach der CBD „bemerkenswert effektiv“ beim Abtöten zahlreicher Bakterien – darunter auch mehrerer antibiotikaresistenter Stämme – sei.
  • Die Experten kamen zu dem Schluss, dass CBD nicht nur über viele Krankheiten hinweghilft, sondern sich auch als eins der stärksten natürlichen Antibiotika der Welt und damit als wichtige Waffe gegen Superbakterien entpuppen könnte.

Antibiotikaresistenz gehört zu den großen Themen in der Welt der Medizin. Bereits 2015 hatte die Weltgesundheitsorganisation von einer „globalen Gesundheitskrise" gesprochen und davor gewarnt, dass Infektionen, die gegenwärtig wenig verbreitet seien und jahrzehntelang erfolgreich behandelt wurden, in Zukunft „wieder töten" könnten. Das Erstarken der Bakterien wurde paradoxerweise zum Teil just durch die Antibiotika verursacht, die eigentlich als Mittel gegen sie entwickelt worden waren, bzw. durch deren übermäßige Nutzung. Etwas zu finden, was bei der Bekämpfung von Infektionen hilft, ohne das Resistenz-Problem zu verschärfen, wäre deshalb ein großer medizinischer Fortschritt.

Einige dieser Infektionen – mit Millionen von Betroffenen und mehreren Tausend Todesfällen weltweit pro Jahr – gehen aufs Konto von sogenannten grampositiven Bakterien. Diesen Bakterientyp erkennt man an der dunkelblauen (oder violetten) Färbung, die er annimmt, wenn er sich in einer Petrischale befindet. Vertreter sind beispielsweise Staphylococcus aureus, eine Staphylokokkenart, die sich besonders bei schlechter Hygiene in Krankenhäusern ausbreitet, und Staphylococcus aureus, ein Erreger von Lungenentzündung, sowie E. faecalis, der für Personen mit geschwächtem Immunsystem potenziell tödlich sein und Resistenzen gegen praktisch alle in Gebrauch befindlichen Antibiotika entwickeln kann.

Wir brauchen dringend neue antimikrobielle Mittel, und besonders neue Stoffe mit anderen Wirkmechanismen, die solche resistenten Stämme bekämpfen können. Cannabidiol, der nicht-psychoaktive Inhaltsstoff der Cannabispflanze, ist heute in aller Munde, weil es eine große Anzahl von Beschwerden lindert, darunter auch Epilepsie und Entzündungen. Sein Potenzial als Antibiotikum hingegen wurde, obwohl es bereits Hinweise darauf gab, dass es auch Bakterien töten kann, bislang nicht näher erforscht.

Auf der Suche nach dem Super-Antibiotikum der Zukunft

Nun wurde bei einem gemeinsamen Forschungsprojekt des Instituts für Molekulare Biowissenschaften der Universität von Queensland (Leitung: Dr. Mark Blaskovich) und der Firma Botanix Pharmaceuticals Ltd., die topische Anwendungen von synthetischem Cannabidiol untersucht, entdeckt, dass Cannabidiol bemerkenswert effektiv gegen ein großes Spektrum von grampositiven Bakterien ist, darunter auch Bakterien, die bereits Resistenzen gegen andere Antibiotika entwickelt haben.

Ausgewertet wurde in diesem Fall die antimikrobielle Wirkung von synthetisch produziertem, verunreinigungsfreiem Cannabidiol.

Die Forscher entdeckten, dass der Stoff auch bei einer langfristigen Anwendung nichts von seiner Wirksamkeit verlor und selbst bei Bakterien, die gegen gängige Antibiotika wie beispielsweise Vancomycin oder Daptomycin resistent geworden sind, effektiv blieb.

Das Cannabidiol erwies sich auch als wirksam gegen Biofilme, eine Art des Bakterienwachstums, bei der sich auf der Hautoberfläche durch Proteinsekretion ein Film bildet und die Infektionen verursacht, die sich nur schwer behandeln lassen. Besonders interessant ist dabei die Kombination aus seiner antimikrobiellen Wirkung und seinem hemmenden Einfluss auf die Entzündungsreaktion des Körpers.

Ein vielversprechendes Ergebnis – aber leider nur teilweise

Allerdings scheint CBD nicht gegen gramnegative Bakterien zu wirken. Es ist besonders schwer, neue Antibiotika gegen diese Art von Bakterien zu entwickeln, die sich in der Petrischale nicht dunkelblau, sondern rosa färben, da sie eine hochselektive externe Membran besitzen, die die meisten Medikamente daran hindert, in die Bakterienzelle zu gelangen. Die Bakteriengruppe, zu der unter anderem Escherichia coli (E. coli) und Salmonella zählen, verursacht Gastroenteritis, Lebensmittelvergiftungen oder Lungenentzündungen.

Zudem wurde die Studie noch nicht von Fachgutachtern überprüft oder in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht, und die Tests wurden nur unter Laborbedingungen und mit Tieren durchgeführt. Es muss deshalb noch weitergeforscht und die Wirksamkeit beim Menschen untersucht werden.

Privat finanzierte topische Antibiotika

Das Projekt von Dr. Blaskovich wurde, wie bereits erwähnt, von einer australischen Firma namens Botanix Pharmaceuticals teilfinanziert, die mehrere ähnliche CBD-Formeln entwickelt hat, die gerade in unterschiedlichen Versuchsstadien am Menschen getestet werden. Am weitesten entwickelt sind BTX 1503 und BTX 1801, Verbindungen auf CBD-Basis, die zur Behandlung moderater bis schlimmer Aknefälle entwickelt wurden und auch beim Menschen bereits vielversprechende Resultate gezeigt haben. Den Forschungsergebnissen zufolge scheinen sie die Bakterien sehr schnell zu töten, innerhalb weniger Stunden, und auch bei einer länger anhaltenden Behandlung nicht zu Resistenzen zu führen.

Sollten die klinischen Studien erfolgreich ausgehen, will die Firma bei der amerikanischen FDA eine Zulassung für das Medikament beantragen und es als topisches Antibiotikum anbieten. Die verbleibenden Tests werden dabei in Australien durchgeführt, wo die Gesetzgebung zur Erforschung von Cannabis etwas weniger restriktiv ist.

Trotz der vielversprechenden ersten Versuche ruft Dr. Blaskovich die Konsumenten des synthetischen Cannabidiols zu Vorsicht auf: „Wir wollen nicht, dass die Leute mit der Selbstmedikation beginnen. Um zu beweisen, dass CBD sich zur Behandlung von Infektionen bei Menschen eignen würde, ist noch viel mehr Arbeit erforderlich", erklärt er in einem Interview mit Live Science. „Bislang wäre es noch sehr gefährlich, eine schwere Infektion mit Cannabidiol statt mit einem der erprobten Antibiotika zu behandeln".

04/09/2019

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